# Die Karawane
von Unbekannt
Die ersten Sonnenstrahlen erschienen hinter dem Horizont und spiegelten sich rot-golden im Wasser der Oase. Der Kameltreiber setzte die Karawane wieder in Bewegung. 24 Kamele, 13 Wüstenochsen und drei Elefanten starteten gemächlich ihren Gang. Gestern waren sie gut voran gekommen und hatten an einer Oase Halt gemacht. Es würde noch zwei, vielleicht auch drei Tagesmärsche dauern, bis sie Thuralam erreichen würden. Zwei Späher waren vorangeritten um sicherzustellen, dass die Karawane nur durch sicheres Gebiet geleitet würde. Die Waren die sie mit sich trugen, waren kostbar. Neben Diamanten aus der Durall-Mine enthielten die Kästen und Säcke Gewürze und auch Gold.
Durmen ritt in der Mitte, umgeben von mehreren gut bewaffneten Söldnern. Sie waren nicht billig, doch dafür treu und zäh. Ihre Krummsäbel glänzten in den ersten Sonnenstrahlen. Schweiß lief bereits jetzt an den Köpfen der Krieger herunter, unter der Rüstung aus Elfenbeinplatten und dickem Kamelleder musste es sehr heiß sein. Noch nie hatte einer von ihnen geklagt.
Durmen hatte den längeren Weg absichtlich gewählt. Zu sehr fürchtete er Banditen, die es auf dem Weg zwischen Jalba und Thuralam in großer Zahl gab. Abgesehen vom Angriff zweier tollwütiger Wüstenlöwen, deren Fell sicherlich Gewinn bringen würde, hatte es keine Zwischenfälle gegeben.
Durmen hatte nur noch einen Arm. Vor fünf Jahren war seine Karawane überfallen worden und ein giftiger Pfeil hatte seinen Oberarm durchdrungen. Die Wunde entzündete sich und der Arm musste amputiert werden. Seitdem hatte er die Zahl der mitreisenden Wächter von 20 auf 40 angehoben. Viele der Söldner arbeiteten schon lange mit Durmen und er hatte ein gutes Verhältnis zu ihnen. Ganz im Gegensatz zu seinem Kameltreiber und den Arbeitern, die sich um die Lasttiere und die Waren kümmerten. Durmen bezahlte sie schlecht und behandelte sie auch entsprechend. Das war nicht immer so gewesen. Als seine Karawane damals vor fünf Jahren von mehreren Orks angefallen wurde, hätte er seinen Arm nicht verlieren müssen. Das Gif, das ihn tötete entstammte der Schwarzkobra. Da diese in den Gegenden, in den sich Durmen aufhielt häufig vorkamen, hatte er einem Arbeiter befohlen, stets das Gegengift mit sich zu führen. Der Arbeiter, der dieses haben sollte, hatte es allerdings heimlich verkauft. So konnte Durmen nur durch die Amputation des Armes dem Tode entgehen. Der verantwortliche Arbeiter wurde, als Durmen wieder bei Kräften war, geköpft. Er hegte seitdem seinen Arbeitern gegenüber großes Misstrauen, behandelte sie schlecht und bestrafte sie hart.
Die Karawane gelangte in einen Canyon. Der Wüstensand war hier rötlich und hie und da war ein Grashalm zu sehen. Ohne das laute Aufstampfen der Elefanten hätte man eine Klapperschlange hören können, die etwas abseits des Weges ihre Anwesenheit deutlich machte. Durmen wusste, dass Sandtrolle in dieser Gegend lebten. Diese waren zwar sehr gefährlich, doch viel zu scheu um sich einer großen Karawane zu näheren.
Es wurde dunkel und die Luft kühlte sich stark ab. Durmen befahl dem Kameltreiber, hier Rast zu machen. Im Licht der letzten Sonnenstrahlen wurden die Zelte aufgebaut und die Wachen eingeteilt. Fünf Männer sollten die nähere Umgebung untersuchen. Durmen nahm einen großen Schluck aus seinem Wasserschlauch und viel dann in den Schlaf. Morgen würden sie das kleine Oasendorf Kalkama erreichen und dort ein paar Waren verkaufen. Von dort dauerte es etwas mehr als einen Tagesmarsch bis nach Thuralam. Durmen freute sich auf die Bordelle und den guten Wein, den er dort zu genießen pflegte. Er würde seine Arbeiter entlassen und sich zur Ruhe setzten, die Geschäfte nun von Zuhause aus führen und ab und an nach Salim reisen, um seinen Bruder zu besuchen. Durmen war sehr zufrieden mit sich und seinem Leben. Ein Lächeln huschte über sein braungebranntes, schlafendes Gesicht. Draußen war das Zirpen einiger Zikaden zu vernehmen. Die Söldner die die Umgebung untersuchen sollten kehrten zurück, ohne etwas gefunden zu haben. Einer von ihnen, er war besonders groß gewachsen, fürchtete sich noch vor den Gefahren, von denen seine Kameraden erzählten. Es war seine erste richtige Arbeit als Söldner. Später wollte er von seinem erarbeiteten Geld eine kleine Hütte in einem Dorf kaufen und dort mit einer Frau den Rest seines Lebens verbringen. Die Wüste gefiel ihm nicht. Es war am Tage heiß und in der Nacht kalt, es gab wenig Wasser und ständig zu Fuß zu gehen war lästig. So hatte er sich das Leben als Söldner eigentlich nicht vorgestellt.