Den folgenden Text habe ich zwischen 2006 und 2008 geschrieben. Sämtliche Fehler und stilistische Unstimmigkeiten wurden nicht korrigiert, um den originalen Charakter des Textes beizubehalten.
# Katamtka: Die Geschichte von Namin
# Kapitel 1: Die Reise in die Nordsteppe
Nebelschwaden bedeckten den Himmel. Dunst machte es unmöglich die Hand vor den Augen zu erkennen. Kühle Windzüge verstärkten diese düstere und trostlose Stimmung. Namin hörte sein Pferd wiehern und versuchte es zu beruhigen, indem er es streichelte. Sein braun-schwarzes Kaltblutpferd vermochte kaum ruhig stehen zu bleiben. Die Hufe trampelten auf dem Boden und die schwarze Mähne wehte im Wind, wie ein Segel bei einem Sturm.
Auf dem Rücken seines Reittiers war einiges an Gepäck. Eine Pfanne zum kochen von Fleisch. Zum Angeln eine kurze, jedoch stabile Angel, mit der er schon viel Fisch gefangen hatte. Nicht zu vernachlässigen war sein Kurzbogen, mit dem die Jagd auf Hirsche, Büffel und Rehe deutlich vereinfacht wurde, da dieser Bogen aus besonders stabilem Holz bestand, welches sich nur mit viel Kraft verbiegen lässt und dadurch die Schnelligkeit des Pfeils enorm erhöhte. Auch sein Kurzschwert wollte Namin in dieser Situation nicht missen. Mit fester Hand umklammerte er den eisernen, mit Ornamenten verzierten, Knauf. Er hatte dunkelbraunes Haar und war nicht besonders groß. Ersteres fiel fast bis auf seine Schultern und war leicht gelockt. Seine Augen hatten einen grünen Farbton und funkelten jeder Zeit vor Neugier und Wissbegierigkeit. Namins Haut war wie die der meisten Menschen leicht gebräunt.
Die Beeren, die er im Sankur-Tal gesammelt hatte waren schon längst aufgebraucht. Seine Kleider waren sehr strapaziert, da er Gestrüpp, Dornen und Sümpfe durchquert hatte. Glücklicherweise hatte er noch eine zweite Kleidungsgarnitur in seiner Tasche. In den beiden Hängetaschen, die sein Pferd trug, befanden sich unter anderem ein paar Bücher, Schuhwerk und sechsunddreißig Golddonuk. Der Verdienst eines normalen Bauern betrug gerade mal zwei bis vier Donuk pro Mond.
Das Geld hatte er zwei Banditen ab geknöpft, die in berauben wollten. Sicherlich hatten die beiden dieses Unterfangen bereut, konnten sie doch nicht ahnen, dass der sechzehn jährige Namin ein guter Kämpfer war. So hatte er dem ersten dessen Speer in die Schulter gerammt, worauf dieser erbost sein Messer zog, welches Namin wiederum mit einem geschickten Händegriff abwehrte, dem Banditen das Messer entnahm und letzteren in den Bauch tritt, so dass dieser rücklings zu Boden glitt.
Der zweite Bandit war schlauer und zog sofort sein Kurzschwert, welches wie Namin bemerkte, aus einer der Thalingmohr-Schmieden gefertigt war. Diese Schmieden der Zwerge, stellen die Waffen für die Armee des Königs her und waren bekannt für ihre Qualität.
Namin fragte sich, wie ein derart heruntergekommener Räuber an eine so teure Waffe gelangte, doch dessen Angriff erforderte seine volle Aufmerksamkeit. Mit der Drehung seines Armes, wollte der Angreifer Namin aufschlitzen. Die komplette Dynamik dieses Angriffs überraschte Namin so sehr, dass er der Waffe nicht mehr ausweichen konnte. Die Kälte des Stahls spürend, drang die Klinge zuerst in seine Brust und dann in einer Abwärtsbewegung in den Bauch ein. Hätte Namin keinen Lederwams getragen, wäre er jetzt wahrscheinlich tot. Als das Schwert aus seinem Körper glitt, nutzte Namin den kleinen Moment der Wehrlosigkeit des Angreifers aus, zog blitzschnell seinen Dolch und stach ihn dem Banditen in die Brust.
Der Aufschrei lies Namin zusammen zucken und für einen kurzen Moment dachte er an Gnade. Dieser Gedanke verschwand jedoch so schnell wie er gekommen war, als der Angreifer den Dolch aus der Wunde herauszog und diesen auf Namin richtete. Namin wusste, dass ihm in dieser Situation nur ein Überraschungsangriff half. Mit einem kurzen Blick hinter sich, lies er sich ins Laub fallen um die Beine des Banditen zu umklammern und diesen damit zum Fall zu bringen.
Nachdem er seinen Widersacher mit einen gezielten Schlag zwischen die Schulerblätter betäubt hatte fesselte er die beiden mit einer Schnur, die er in einem Beutel an seinem Gürtel entdeckte. Das Kurzschwert des einen Banditen hatte er seitdem immer bei sich und die knapp fünfhundert Golddonuk waren im Laufe der Zeit auf nunmehr drei Dutzend gesunken. Für das Geld hatte er sich sein Pferd, die Angel und eine Schippe gekauft. Außerdem die Bücher, den Kurzbogen und mehrere Pfeile. Hopakuna hatte zweihundertfünfzig Golddonuks gekostet. Namin fand, dass sich diese Investition gelohnt hatte. Sein Pferd war sehr zuverlässig und edel. Hopakuna hatte erstaunlich langes und dichtes Fell.
Seit mehreren Tagen war er keiner Menschenseele begegnet. Seit er Unwalha, verlassen hatte war fast ein Mond vergangen. In Unwalha hatte er sich sein Pferd und die anderen Habseligkeiten gekauft. Das kleine Dorf lag sehr weit abseits der Hauptstadt, die Namin erreichen wollte. Außer den beiden Banditen hatte er nur ein paar Bauern und Händler getroffen, von denen er Brot bekam. Er musste eine Pause einlegen, da ihm der Nebel jede Sichtmöglichkeit raubte und das sichere Reisen unmöglich machte. Warum Hopakuna so unruhig war konnte sich Namin nicht im entferntesten denken. Er baute sein Zelt auf und entfachte ein Feuer.
Es war nicht nötig Hopakuna festzubinden, da sich die beiden schon von Anfang an gut verstanden und keinerlei Furcht oder Angst voreinander hatten. Dennoch tat er es, denn Namin hatte ein ungutes Gefühl im Magen. Das Feuer brannte und erweiterte seine Sicht ein bisschen. Das Fleisch des Rehs, welches er am Vortag gejagt hatte, schmeckte vorzüglich.
Auch am nächsten Morgen brannte das Feuer noch, doch der Nebel war immer noch nicht verschwunden, wenn auch schwächer geworden, so dass Namin im Stande war, seine Reise fortzusetzen. Nachdem er das Zelt wieder auf dem Rücken Hopakunas verstaut, deren Sattel gerichtet und seine Waffen auf den Rücken des Pferde untergebracht hatte, saß er auf und ritt los.
Während dem Ritt vertiefte sich Namin in ein Buch über die größten Tiere Katamtkas. Der Liger beeindruckte ihn sehr, da dieser noch größer als gewöhnliche Raubkatzen sind. Er war froh, dass das Buch mit zahlreichen Abbildungen illustriert war, da er sich so die Tiere besser vorstellen konnte. Sehr verwundert war er über den Beitrag des Säbelzahntigers, der angeblich im Nuravo-Gebirge gesichtet wurde und noch größer als der Liger sein soll. Raubkatzen fand Namin schon immer interessant, begegnet war er jedoch nur einem Luchs. Dieser wurde ihm nicht gefährlich, da Pferde nicht auf den Speiseplan dieser Kleinkatze gehören. Gegen Mittag machte Namin eine Pause um den Rest des erlegten Rehs zu verspeisen und erneut auf Jagd zu gehen.
Vom Nebel war nichts mehr zu sehen und die Sonne strahlte mit sengender Hitze. Unweit seines Rastplatzes erspähte er ein paar Hasen, die Gras fraßen und hier scheinbar ihren Bau hatten. Er zog mit einer flinken Bewegung seinen Bogen aus der Tasche, nahm einen Pfeil aus seinem Köcher, legte diesen an, zielte und schoss. Mit einer surrenden Bewegung nahm der Pfeil fahr auf und traf einen der Hasen. Namin legte seinen Bogen auf den Boden und schritt auf sein heutiges Abendessen zu. Nachdem er den Pfeil aus dem Tier gewogen und gesäubert hatte, packte er dieses in seine Tasche und ritt wieder los, ohne den Bogen zu vergessen.
Am späten Nachmittag konnte Namin die Silhouette eines kleinen Dorfes am Horizont erkennen. Laut der vergilbten Landkarte, die er zur Orientierung bei sich trug, müsste dies Simbalow sein. Die Abendsonne tauchte den Wald um ihn herum in ein dunkles rot und die Hausdächer des Dorfes rückten immer näher.
Als die Sonne fast untergegangen war und nur noch ein paar Strahlen hinter den Baumwipfeln hervorkamen erreichte er das Dorf. Simbalow war nicht sehr groß. Eine kleine Holzpalisade sollte die Bewohner vor wilden Tieren schützen. Neben dem Haupttor, durch das Namin ins Dorf gelangte, standen zwei Türme, auf denen jeweils ein Bogenschütze positioniert war. Der Wächter hinter dem Tor, fragte Namin nach dessen Grund hierher zu kommen und lies diesen ein, nachdem Namin erklärte, dass er einen Platz zum Schlafen suche und sein Schwert schärfen wolle. Hinter der Palisade waren unwillkürlich Hütten erbaut, die alle mit dem Hauptweg verbunden war. Die Dächer waren mit Schilfpflanzen gedeckt und schienen erst vor kurzem neu gemacht worden zu sein.
Die Schmiede die Namin zuerst aufsuchte gehörte einem mürrischen Mann, der zwölf Golddonuks für das Schärfen des Schwerts verlangte. Nach langem hin und her konnte Namin den Preis auf vier Donuks runterhandeln. Nachdem er sich das Dorf genauer angeschaut und eine Bleibe gefunden hatte, stellte Namin zufrieden fest, dass alle Bürger außer dem Schmied freundlich waren. Der Bäcker schenkte ihm zwei Laibe Brot und vom Winzer erhielt er Wein.
Das Gasthaus in dem er schlief beherbergte außerdem einen elfischen Waldläufer, der Namin ohne Unterlass interessiert ansah. Der Elf hatte seinen Langbogen an einen Stuhl gelehnt. Das Elvaholz schimmerte im Licht der Kerzen, die den Raum erhellten. Elvaholz war das beste Material für Langbögen und konnte nur von den Elfen so kunstvoll bearbeitet werden. Der mit Federn geschmückte Bogen bot eine imposante und bedrohliche Erscheinung die von Schnitzmustern und Kerben verstärkt wurde. Die Elfenbeinspitzen, die jeweils an den Kerben platziert waren und über die Enden des Bogens reichten, wurden zur Verteidigung genutzt, falls ein Angreifer zu Nahe kam und man kein Schwert zur Hand hatte. Ein solcher Bogen ist derart schwierig zu führen, dass sogar menschliche Scharfschützen damit Probleme haben. Dies liegt an der ungewöhnlichen Bauweise des Bogens. Das Mittelstück, an dem der Pfeil angelegt wird, ist fast so dick wie ein Unterarm. Außerdem sind die elfischen Langbögen sehr groß, eine Länge von mehr als zwei Metern ist durchaus keine Seltenheit. Auch das Gewicht wird von vielen Anfängern unterschätzt, da sie die Waffe leichtfertig anheben wollen, dazu aber nicht im Stande sind, weil der Bogen einfach zu schwer ist. Verantwortlich hierfür sind die Metallverstärkungen, die das Holz stabilisieren und die Waffe noch prächtiger aussehen lassen. Die Herstellung solcher Waffen ist sehr aufwändig. Deshalb ist der Kauf mit hohen Kosten verbunden.
Ein langer grüner Umhang umhüllte den Waldläufer, dessen Armschienen mit Sankababand festgezogen waren. Die Rinde der Sankababäume lässt sich abziehen und zu Schnüren verarbeiten. Die Rinde wird in Öl eingelegt und danach lange getrocknet. Durch das erneute Einlegen in Öl wird sie sehr biegsam und zugleich stabil.
Namin erkannte, dass auch die Schnur des Bogens aus Sankababand bestand. Er bestaunte die Waffe, die sicherlich mehrere Hundert Golddonuks wert war und begab sich Richtung Bett. Wenn auch nicht müde oder erschöpft schlief Namin erstaunlich schnell ein. Der nächste Tag kündigte sich durch das Krähen eines Hahnes an. Die ersten Sonnenstrahlen bahnten sich einen Weg in Namins Zimmer.
Als er sich eingekleidet hatte, bezahlte er die Übernachtung und ging zu einem Händler, namens Kuralamir, den er am Vortag ausfindig gemacht hatte. Dieser lagerte seine Waren in einer relativ großen Hütte. Neben diesem stand ein Stall. Namin konnte das Grunzen mehrerer Kamele vernehmen, die sich darin befanden. Ein junger Mann schein ihnen zu fressen zu geben und sie beruhigten sich allmählich.
Kuralamir war ein rundlicher kleiner Mann, der fortwährend mit sich selbst redete und nachzudenken schien. Die Hütte war prall gefüllt mit Waren aus ganz Katamtka. Auf einem Tisch standen Behältnisse mit Gewürzen wie Pfeffer, Zimt, Safran, Muskat, Kümmel und vieles, dass Namin nicht kannte. Auf einem Hocker befand sich Baumwolle, Samt und Seide. Weiter hinten, im dunklen Teil der Hütte erspähte Namin Rüstungen, Schwerter, Speere, Bögen, Schilde, Hellebarden, Äxte, Sicheln, sowie andere Waffen und Werkzeuge. In einem großen Korb sah er Melonen, Äpfel, Bananen, Nüsse und Tomaten. Der Händler erzählte ihm, dass sein Sohn jeden Mond mit den Kamelen neue Waren einkaufen gehe. Deshalb seihe er kein richtiger Händler, sondern eigentlich nur Verkäufer. „Außer mir gibt es hier keinen sesshaften Kaufmann“ sagte Kuralamir stolz.
„Jeden Mond kommt eine Karawane mit Waren, die seltener benötigt werden hierher nach Simbalow. Momentan ist ein Geschäftsmann aus Salim in unserem Dorf. Er hat sehr teure Preise. Ich würde zweimal überlegen, ob ich dort etwas kaufen würde“.
„Warum verkauft ihr eigentlich Speere und Schwerter. Hier ist es doch friedlich“ fragte Namin verwundert, ohne auf die Aussage des Geschäftsmannes einzugehen.
„Weißt du, es gibt hier mehrere Männer, die als Söldner arbeiten und von mir ihre Waffen kaufen, weil alten sie im Kampf verloren hatten. Damit sie immer bereit sind, sich anheuern zu lassen, habe ich stets ein paar Waffen auf Lager. Die reisenden Händler kommen halt nicht jeden Tag“.
„Ihr sagtet etwas von einem Handelsmann aus Salim. Was genau verkauft er?“
„Unamagafleisch, zum Beispiel.“
„Unamgafleisch, noch nie gehört, was ist das?“
Lachend gab Kuralamir zur Antwort: „Das weißt du nicht? Es ist ein sehr wohlschmeckendes Tier. Es ähnelt einem Schwein, ist aber deutlich größer“
„Aha“ sagte Namin wenig interessiert.
„Ich werde mir die Waren dieses Händlers aus Salim ansehen. Vielleicht ist etwas dabei, was ich brauchen könnte.“
„Dass würde ich nicht tun. Kaufe lieber etwas bei mir. Sag einfach was du brauchst, Junge.“ Entgegnete der Händler mit einer zuckersüßen Stimme.
„Ich bräuchte Pfeile, Hunjalk-Pulver und eine Gürteltasche aus Leder. Habt ihr auch Heilsalben?“
„Selbstverständlich! Jüngelchen, hier ist Bantana-Salbe, die hilft gegen alles; Stichwunden, Hautabschabungen, lindert das Bluten... Ist aus Kurio. Hat mein Sohn erst letzten Mond gekauft. Soll sehr schön sein, diese Stadt…“
Namin wurde das Gespräch zu langatmig und er bezahlte. Mit der neuen Ausrüstung wollte er sich nun wieder auf den Weg begeben, um seine Reise fortsetzen zu können, ohne den Hänlder aus Salim aufzusuchen, da Namin der Meinung war, dass dieser auch nicht viel mehr Waren als Kuralmir besitzen könne, weil der Kaufmann ja nur mit einer kleinen Karawane gekommen sei. Hopakuna war froh, reiten zu dürfen und galoppierte übermütig los.
Der Wald den sie erreichten war düster und der Boden schlammig. Hopakuna kam nicht mehr so gut voran wie vorher. Die hohen Bäume ließen keinen einzigen Strahlen Sonnenlicht auf den Waldboden durch, so dass Namin fast in völliger Dunkelheit war. Buchen und Eichen hatten bizarre Formen angenommen und mussten schon sehr alt sein. Über ihnen konnte man die Douglasien und Tannen sehen, die hier am höchsten gewachsen waren. Jedoch gab es Bäume die alles überragten. Die gigantischen Mammutbäume ließen selbst die größten Eichen winzig aussehen. Der Boden war mit Morast und Blättern übersät, die im Schlamm lagen.
Immer tiefer kam Namin in den Wald hinein. Pflanzen auf der Erde gab es hier kaum. Ein übler Geruch stieg im in die Nase. Überall um ihn herum standen Pilze, die für den Gestank verantwortlich waren. Aus einem seiner Bücher wusste Namin, dass Pilze auch ohne Sonnenlicht wachsen konnten.
Gegen Abend, zumindest vermutete Namin das es Abend war, baute Namin sein Zelt auf. Er war froh, dass er bis jetzt ohne Unannehmlichkeiten reisen konnte. Er lies den Tag Revue passieren und dachte an den Waldhüter, der ihn so aufmerksam beobachtet hatte. Das mysteriöse Leben der Elfen faszinierte Namin. Ihre Art des Lebens, ihre Weise zu denken und zu handeln lies ihn nachdenken. Er bewunderte die handwerkliche Kunst und die Intelligenz der Elfen, verstand aber nicht, warum sich diese von der Außenwelt abgrenzten. Viel war ihm über Elfen nie bekannt, was an deren abgeschotteten Leben lag. Das Auftreten des Waldläufers beeindruckte Namin sehr. In der Herberge hatte dieser nur ein Krug Wein getrunken und war Namin sonst überhaupt nicht aufgefallen. Die langen, blonden Haare hatten das Gesicht so sehr bedeckt, dass Namin Nichts über die Stimmung oder den Gesichtsausdruck des Elfen sagen konnte. Die Kleider des Waldläufers waren in braunen und grünen Tönen gehalten. Damit war es möglich unbemerkt durch den Wald zu eilen. In einem Punkt war sich Namin sicher; der Elf war aus einem wichtigen Anlass in dem Gasthaus gewesen. Anders konnte er sich nicht erklären, wieso dieser die Elvawälder verlassen hatte. Es war zwar nicht der erste Elf, der Namin begegnet war, dennoch hatte Namin vor diesen Geschöpfen große Erfurcht.
Noch tief in der Nacht grübelte Namin über das Motiv des Waldhüters und dessen Veranlassung den Wald der Elfen verlassen zu haben. In der Nacht hatte es geregnet, was die Reise deutlich erschwerte. Aus dem Schlamm waren große Pfützen geworden, in denen Namin sein Spiegelbild erkennen konnte. Ein Großteil seines Gepäcks war durchnässt und dadurch schwerer. Der Weg war nur noch mit Mühe vom umliegenden Wald zu unterscheiden.
Zwar wusste Namin nicht, wo genau er sich befand, jedoch konnte er seine Position mit der Karte ausfindig machen. Er nahm sein Fährtenbuch und suchte das Kapitel, in dem die Eigenarten dieses Waldes notiert waren. Auf Seite zweiundvierzig entdeckte er zufrieden das Ergebnis. Die verwendete Fährtenlesermethodik verglich die Vegetation, die sich in jedem Teil des Waldes unterschied. Auch wenn diese Unterscheide meist nur marginal waren, kann ein erfahrener Spurenleser oder Waldläufer die genauen Einzelheiten unterscheiden und so bestimmen, wo er sich befindet. Der Vergleich der Größe und Art lieferte schon so gute Resultate, dass eine Positionsbestimmung fast genau ist. Nahm man dazu noch die Beschaffenheit des Bodens, den Abstand der Bäume und die vorkommenden Tiere, so war das Ergebnis fast perfekt, sofern die Angaben im Fährtenbuch stimmten. Nach einem geschulten Blick um sich herum, registrierte Namin, dass es hier hauptsächlich Eichen und Nussbäume gab und diese überwiegend klein gewachsen waren. Auf einem Baum sah er ein Vogelnest, das von einem Spatzen bewohnt war. Er verglich die Karte mit dem Buch und stellte befriedigt fest, dass er sich am Waldrand befand.
Noch am selben Abend verließ er den Wald. Namin war froh wieder Wiesen zu sehen und freute sich über den Geruch des Grases. Es fühlte sich so an, als würde seine Nase gesäubert werden, gesäubert von dem Gestank von Pilzen und Schlamm. Er fiel auf, dass sich Hopakuna nicht mehr so gewandt wie vorher bewegte. Er begutachtete ihre Beine, konnte aber keine Wunden feststellen. Erst nachdem er den Sattel abnahm, sah er, warum sein nicht mehr so schnell lief. Der Sattel hatte unaufhörlich auf der Haut des Tieres gescheuert. Namin erkannte, dass der Sattel nicht richtig befestigt war und sie die Wunde verursacht hatte. Glücklicherweise hatte er bei dem Händler Bantanasalbe gekauft, von der er sich erhoffte, dass sie auch bei Tieren wirke. Er strich die Creme zart auf den Rücken seines Reittiers. Namin hielt es für vernünftig jetzt eine Pause einzulegen und zu warten, bis Hopakuns Wunde heilte. Erstaunlicher Weise war von der Wunde am darauf folgenden Tag wenig zu sehen, immerhin hatte die Salbe zwanzig Silberrubel gekostet und war alles andere als billig. Die Wiese auf der sie in der Nacht Rast gemacht hatten roch nach Frühlingsdüften.
Namin kontrollierte, dass der Sattel fest saß und die Wunde nicht weiter aufscheuern konnte. Gras sollte zudem verhindern, dass sich die Salbe nicht verteilte, damit die Wirkung erhalten auch während des Ritts erhalten blieb. Die Landschaft um ihn herum wurde beherrscht von vielen Bäumen, die nicht unweit des Wegrandes einen Wald bildeten. Birken, Ahornbäume und Nussbäume dominierten und Nadelbäume gab es fast nicht. An einem Bach, der sich zwischen Weg und Wald gebildet hatte und schon mehrere Meter breit war, standen Trauerweiden, die ihre gelblichen Blätter bis fast ins Wasser reichen ließen. Namin genoss diese Idylle. Auch wenn der Weg schlecht gepflastert war, kamen sie gut voran. Namin vermutete, dass er wahrscheinlich der einzige Mensch in diesem Gebiet sei. An manchen Stellen des Feldwegs, musste der Wald einer großen Wiese weichen, auf der sehr hohe Gräser wuchsen. An einem See machte Namin halt, er wollte baden. Um sicher zu gehen, dass das Wasser rein war band er ein Stück Fleisch an eine Schnur in warf diese in das Wasser. Nachdem er zur Übung ein paar Pfeile auf eine Trauerweide geschossen hatte, ging Namin zu dem Seil und zog es aus dem Wasser - An dem Seil hing kein einziges Stück Fleisch mehr, Namin verzichtete auf das Bad. Der Grund für sein übervorsichtiges Verhalten stand in seinem Buch über die Jagd. Auf Seite zweihundertneunundfünfzig stand folgender Text: Betrete niemals unbekannte Gewässer, auch wenn diese flach und ungefährlich aussehen. Nehme ein Stück Fleisch (Fisch ist ebenfalls geeignet) und befestige dies an einer Schnur. Werfe dies nun wie eine Angel in das Wasser und warte ab. Wenn das Fleisch nicht mehr vorhanden ist, sollte das Wasser auf keinen Fall betreten werden.
Namin nahm sehr ernst was in seinem Büchern stand. Für ihn gab es drei Bücher, die essentiell wichtig waren: Die Kunst des Jagens, Gefährliche Bestien Katamtkas und Das Fährtenbuch wollte Namin nie missen, darüber hinaus waren es seine einzigen Bücher.
All diese Bücher hatten ihm auf dieser Reise schon geholfen. Nur das Buch Gefährliche Bestien Katamtkas hatte er noch nicht gebraucht, vorüber er auch froh war. Der Einband, war in einem edlen rot gehalten, auch wenn dieses durch beständige Lichteinstrahlung fast nicht mehr zu erkennen war. Vorne prangte ein Säbelzahntiger, dessen weit aufgerissenes Maul die langen Eckzähne zur Schau stellte. Von diesen Büchern gab es in Katamtka nur sehr wenige Exemplare, da sie alle mühevoll von Hand geschrieben werden musste, was einen enormen Zeitaufwand mit sich brachte. Einzig in Salims Bibliotehk, zu der nur hohe Gelehrte, Zauberer, Künstler, Waldläufer und Adlige zutritt hatte, gab es mehr als eine Ausfertigung.
Dem Zauberer Delfanor war es gelungen, mit Elfenbeinpulver eine zweite Version eines beliebigen Buches herzustellen. Delfanor war ein überaus hoch angesehner Magier, dem sehr viel Fertigkeiten zugesprochen worden. Von all dem wusste Namin nichts, da er Salim noch nie betreten hatte.
Um zu sehen, was sich im Wasser befand, nahm Namin seine Angel und warf den Köder in das Wasser. Er war ein sehr geduldsamer Mensch, so dass es kein Problem für ihn darstellte, lange zu Warten. Der Geschwindigkeit, in der das Fleisch abgefressen wurde, nach zu urteilen, musste es ein recht großer Karnivor gewesen sein, der hier in diesem Gewässer lebte. Er hoffte, falls das Tier anbeißen würde, dass die Angel dem starken Biss standhielt. In seinem Buch Gefährliche Bestien Katamtkas war nichts von übernatürlich großen, im Wasser lebenden Raubtieren vermerkt. Ganz im Gegensatz zu den Geschöpfen, die in der südländischen Savanne sowie nordländischen Steppe leben sollten. Erstere wurde von Mammuts und Wollhaarnashörnern besiedelt. Mammuts waren die größten Tiere ganz Katamtkas, fast fünf Meter sollten sie hoch werden können, stand in Namins Lektüre. Die Wollhaarnashörner hatten auf der Nase zwei dicke Hörner. Ihr Fell war teilweise so lang, das es den Boden berührte. In der Savanne gab es ebenso exorbitante Bewohner. Giraffen wurden noch höher als die Mammuts, waren aber nicht so massig wie diese und hatten einen sehr lange Gliedmaßen. Das besondere Merkmal dieser Tiere war jedoch ihr Hals, er war länger als der jeden anderen Tieres. Außerdem hatten die Giraffen so die Möglichkeit, von den hohen Affenbrotbäumen und Hakendornakazien zu fressen, was anderen Tieren verwehr blieb. Auch in der südischen Steppe gab es Raubtiere. Erstaunlicherweise hatte sich hier eine dritte Art gebildet.
Die im Hovajinaodschungel lebenden Tiger hatten die Savanne als geeigneten Lebensraum erkannt. Anstatt die anderen Raubtiere auszuschalten, vermehrten sich weibliche Tigerinnen mit männlichen Löwen, die Liger entstanden. Sie waren die nahezu perfekten Jäger. Deutlich größer als ihre Eltern konnten sie werden, dass auch die Jagd auf Giraffen, Büffel gemacht werden konnte. Darüber hinaus konnten sie Schwimmen und im Dschungel leben. Sie hatten also die Vorteile jedes ihrer beiden Elternpaare. Namin war so vertieft in sein Bauch, das in das Ziehen an der Angelschnur mehr als erschreckte. Schnell hatte er sich wieder unter Kontrolle und zog mit Leibeskräften an der Rute, um den Fisch, er vermutete, dass es einer war, an Land zu ziehen. Langsam wurde er Herr der Lage und zog stetig fester an der Schnur. Er hatte seine Beute schon fast aus dem Wasser, was er an den Spritzern, die Nahe dem Punkt, wo der Hacken im Wasser war, erkennen konnte. Mit einem Ruck beförderte er den Fisch komplett aus dem Wasser. Es war ein majestätischer Hecht. Mit seinem Dolch tötete er ihn. Das Untier musste fast einen Meter lang sein und hatte lange, spitze Zähne.
Namin war ein guter Angler. Für ihn stand fest, dass der eben an Land gezogene Fisch, an der Spitze der Nahrungskette dieses Sees gestanden haben musste. Die Schuppen reflektierten das Sonnenlicht und erstrahlten in hunderten von Farben. Die Augen wirkten leblos und blass und die Kampfeslust, die einst darin blitzte war entschwunden.
Namin gefiel diese Gegend. Auf seiner Landkarte von Katamtka, die auf gelblichem Pergament angefertigt worden war, war in seiner Nähe ein kleines Dorf eingezeichnet. Wieder hatte er seinen Standort mit einer Fährtenlesermethodik ermittelt. Ein Merkmal dieser Gegend, waren Spuren von Dachsen und Füchsen. Ansonsten gab es hier auch vermehrt Vogelnester von Sperbern und Habichten. Er wollte das Dorf noch an diesem Tag erreichen und packte seine Sachen zusammen.
Die Siedlung war noch kleiner als Simbalow. Namin zählte gerade mal zwölf Häuser. Gasthäuser gab es hier genauso wenig wie eine Palisade oder einem Schmied. Die Dorfbewohner waren Bauern und Holzfäller, die Häuser mit Stroh und Schilf bedeckt. Keine der Hütten hatte mehr als eine Etage und der Lehm, aus dem sie gebaut waren, war von Rissen gezeichnet. Namin konnte auch keine Pferde erkennen, nur ein paar Kühe, die auf einer kleinen, mit einem provisorischen Zaun eingezäunten Wiese grasten und unablässig Muhten. Am Waldrand war ein kleines, schäbiges Försterhaus errichtet worden, welches sehr alt aussah. Namin fragte sich, ob diese Menschen nur aus ihren eigenen Erzeugnissen lebten. Den verschiedenen Bepflanzungen nach zu urteilen war dies der Fall. Es gab Mais, Weizen, Erdbeeren, Kartoffeln und mehrere Apfelbäume. In einem Stall waren Schweine, Hühner und Schafe eingepfercht. Der Bach der mitten durch das Dorf floss wurde als Trinkwasserquelle benutzt. Eine kleine Mühle am anderen Ende der Siedlung wurde von dem frischen und kühlen Nass angetrieben. Neben ihr stand eine erbärmliche Lagerhalle, in der Säcke und Fässer aufgereiht waren. Das Dach war nicht aus Stroh, sondern mit Ziegeln gedeckt, bot jedoch trotzdem keinen Schutz, da nicht an jeder Stelle eine Ziegel lag. Das Holz aus dem sie erbaut war, war morsch.
Es sah so aus, als würde sie jeden Moment in sich zusammenfallen.
Trotz aller dieser Mängel gefiel Namin diese Siedlung erstaunlich gut. Er kam zu der Entscheidung, hier einen mehrtätigen Aufenthalt anzusetzen, falls es den Bewohnern recht war. Er sprang aus dem Sattel und lief zu dem größten Haus, das es hier gab. Nach einem Klopfen an der Tür, tat sich eine Weile lang nichts, bis eine Frau, mit dunkelblonden Locken öffnete. Sie schien sehr misstrauisch zu sein und lies nur einen Spalt breit in das Hause blicken.
Er fragte: „Ich suche eine Bleibe für mehrere Tage, ich zahle gut!“
Woraufhin sie antwortete: „ Gold ist uninteressant für uns. Habt ihr andere Güter bei euch? Obst? Kräuter?“
Namin überraschte die kecke Antwort und es dauerte eine Weile bis er erwiderte; „Ich besitze nur mein Pferd, mehrere Taschen und ein paar Bücher, mein Gold scheint euch ja nicht zu interessieren… Ansonsten habe ich Hunjalk-Pulver und ein bisschen Bantana-Salbe. Thymian oder andere Kräuter besitze ich nicht.“
Innerlich ärgerte er sich darüber, kein einziges Kraut zu haben und bereute derartiges nicht bei dem Händler in Simbalow gekauft zu haben.
„Wir begieren keine deiner Waren. Wenn du eine Bleibe suchst müsstest du für uns Arbeiten. Morgen werden die Kartoffeln geerntet. Ferner schlachten wir morgen ein Schwein, auch hierbei könntest du uns behilflich sein.“
Namin blieb keine andere Wahl, er wollte hier ein paar Tage ruhen und nahm deshalb das Angebot an.
Schon am frühen Morgen musste Namin seinen Schlafplatz verlassen. In der Lagerhalle hatte man ihm Stroh aufbereitet, auf dem er zu Schlafen versuchte. Er fühlte sich elend. Durch die Löcher im Dach hatte es auf ihn hinab geregnet. Er war erst spät eingeschlafen. Mit einer kleinen Gruppe von Bauern fing er an die Kartoffeln aus dem Boden zu ziehen.
Namin war schon sehr früh nicht mehr in der Lage mitzuhelfen. Seine Arme fühlten sich an wie Blei und seine Konzentration war stark gesunken. Obgleich er nur zu gern eine Pause eingelegt hätte, blieb ihm dies verwehrt. Die Bauern schienen gar nicht an eine Unterbrechung ihrer Arbeit zu denken und ließen ihm keine Möglichkeit danach zu fragen oder taten so, als hörten sie ihn nicht. Namin wollte höflich bleiben und arbeitete trotz seiner Kraftlosigkeit weiter.
Nachdem das Kartoffelfeld abgeerntet war und die Bauern sehr erfreut über die ertragreiche Ernte waren, wurde das Schwein geschlachtet. Angeekelt von dem vielen Blut und dessen Geruch, beteiligte sich Namin nur zaghaft an dem Schneiden des Fleisches.
Erst am späten Abend war die Arbeit beendet. Alle Bewohner aßen zusammen in der Dorfmitte. Das Abendmahl bestand aus gebratenen Kartoffeln, einem Ei und der geschlachteten Sau. Überrascht über die gute Qualität aß Namin mehr als alle anderen. Die Stimmung war gut und das Feuer wärmte ihn und die anderen Angehörigen. Sie erzählten dem Reisenden, warum sie hier ohne Geld lebten, keine Pferde besäßen und weshalb sie dieses Leben genossen. Letzteres konnte sich Namin nur schwer ausmalen.
Auch am nächsten Tag gab es wieder Arbeit. Die Bauern wollten die Erneuerung der schäbigen Scheune in Angriff nehmen. Namin war erstaunt über das handwerkliche Können der Bewohner. Im nu hatten sie Holz aus einem Lager im Wald geholt und dieses so bearbeitet, dass es zum Bauen verwendet werden konnte. Namin fragte sich, weshalb erst jetzt die Renovierung der Lagerhalle durchgeführt wurde. Das nötige Wissen und die Materialen waren ja vorhanden. Er beschloss seine Gastgeber am Abend darauf anzusprechen. Namin lernte viel. Schon am Mittag war seine Motorik geschulter und er war sehr stolz darüber. An jenem Tag gab es schon früher Abendessen; Hühnchen mit Salat.
„Warum haben sie erst heute angefangen die Lagerhalle zu restaurieren?“
„Wir hatten einen Haufen anderer Sachen zu erledigen. Auch wenn diese Siedlung klein ist, gibt es hier viel zu tun“ sagte einer der Bauern mit vollem Mund, während er schmatzte.“
„Wie kommt es eigentlich, dass ihr keine Steuern bezahlen müsst?“
„Meinst du den König in Salim interessiert dieser Ort?“ lautete die rhetorische Antwort.
„Nun ja, ich finde es schon erstaunlich, dass ihr hier so gute Felder habt und all diese edlen Güter“ er deutete auf ein Hähnchen am Grill „essen könnt…“
„Woher kommt ihr eigentlich, junger Reisender?
„Darüber möchte ich nicht sprechen“ sagte Namin kalt und machte klar, dass dieses Thema nicht weiterbehandelt werden sollte.
Namin hatte hier sehr viel gelernt. Er wollte seine Rast langsam beenden, war er doch schon einen Viertel Mond in dieser Ansiedlung verweilt. Er war in der Lage zu Schustern und hatte von den Bewohnern Leder bekommen, aus dem er sich neues Schuhwerk gefertigt hatte. Mit guter Unterstützung seiner Gastgeber wurden die Schuhe ansehnlich. Die Sohle war mit mehreren Nägeln mit dem Oberteil verbunden, welches aus zwei Schichten bestand. Innen bot Schafspelz seinen Füßen Schutz, wohingegen außen gehärtetes Leder wasserdicht und stabil wirkte. Darüber hinaus hatte man die Sohle mit Eisen gestärkt. Das frisch gewachste, braun-goldene Leder glänzte in der Sonne.
Auch Nähen konnte Namin jetzt, wenn auch nicht produktiv. Er hatte sich einen Umhang gewebt und genäht. Auch hierbei hatte er Hilfe von den Siedlern bekommen. Der dunkelbraune Stoff konnte am Gürtel mit einer Lederschnalle befestigt werden. Der Saum wurde mit Leder beschlagen, welches durch Nieten gehalten wurde. Um die Stelle, wo der Umhang den Hals berührte, wurde Fell angebracht. Sogar eine neue Tasche hatte er gefertigt bekommen. Sie bot mehr Volumen und hielt besser zusammen, als seine vorherige. Mit dieser Ausrüstung ritt Namin weiter, nicht ohne sich mehrmals bei seinen Helfern zu bedanken und ihnen, gegen ihren Willen, zwei Golddunuks auszuzahlen.
Mit jeder Meile die er ritt kam er der Nordsteppe näher. Bäume wurden zusehends größer und standen nicht mehr so dicht zusammen. Außerdem war ihr sommerliches Aussehen geschwunden und wich den orangefarbenen Blättern der Prärie. Einzelne Baumgruppen schmiegten sich in zur Steppe werdenden Wiese ein. Felsklippen waren hier ein normaler Bestandteil der Landschaft. Abgesehen von ihnen, wurde der Boden immer ebener, Erhebungen und Hügel wichen dem kargen Steppenboden. Einzelne Wälder waren dicht bewachsen und boten vielen Tieren einen nahrungsreichen Lebensraum. Hier gab es, soweit die Daten auf seiner Karte stimmten, keine Dörfer oder Siedlungen mehr. Zu wenig Nahrung bot die Fauna. Der Boden enthielt keinerlei Nährstoffe. Der einzig triftige Grund, hier zu leben, war das erhöhte Beutevorkommen. Es gab Vollhaarnashörner, Präriemammuts, Vollhaarmammuts, Steppenmammuts und andere große Säugetiere. Die Säbelzahntiger und Wijiheras hielten die Überpopulation der großen Pflanzenfresser unter Kontrolle. Die Karnivoren trennten die Spreu vom Weizen, indem sie alte und junge Tiere fingen. Dies waren immer genau so viele, wie auch neugeboren wurden. Namin wusste fast alles über die in Katamtka lebenden Tiere, die größer als ein Hase waren. Kleingetier interessierte ihn nicht, da es keine Gefahr darstellen konnte. Sein Buch über die Bestien Katamtkas hatte mehrere Hundert Seiten.
Da er schon seit mehreren Tagen unterwegs war, seit er die kleine Ansiedlung verlassen hatte, wurde er langsam hungrig. Zwar wollten ihm die Dorfbewohner einen ordentlichen Proviant, bestehend aus gepökeltem Fleisch, Weinbrand, Kartoffeln, Brotlaiben, Zwiebeln und anderen Kostbarkeiten, mit auf den Weg geben, doch war er damit nicht einverstanden.
Seiner Meinung nach, hatten sie schon so viel für ihn getan, das dieses Geschenk nicht mehr seinen Moralvorstellungen gerecht werden würde. Natürlich hätte er nur zu gern Verpflegung bekommen, dennoch war er sich sicher, dass seine Entscheidung richtig war. Da es nun Abend wurde, wollte er sich auf die Jagd machen, um noch etwas in den Magen zu bekommen. Der Mond kam hinter einem, von Kiefern bewachsenen Plateau hervor und tauchte die Landschaft in ein silbriges Licht. Die Erscheinung des Himmelskörpers war hier gigantisch. So groß, konnte man ihn sonst nur durch die Teleskope der Magier des weißen Lichtes in Salim sehen.
Weit entfernt erblickte Namin eine Herde Steppenmammuts,. So große Geschöpfe hatte Namin noch nie erblickt; er kannte sie nur aus seinen Büchern. Es wusste, dass die Jagd auf diese Riesen zu gefährlich war, jedoch konnte er weit und breit keine anderen Tiere entdecken, die als mögliches Abendessen in Frage kämen. Er war sich ziemlich sicher, dass er schon recht weit in die Steppe eingedrungen war, was er an der komplett flachen Landschaft festmachte. Nur hie und da war ein Riff oder Fels um ihn herum, der schon aus sehr weiter Entfernung sichtbar war. Die einzigen Pflanzen waren kleine Büsche oder Gräser, nur selten gab es winzige Wäldchen, die vorwiegend aus Tannen und anderen Nadelbäumen bestanden. Der Boden würde von Mosen und Grasflächen bedeckt, die die einzige Nahrung für die Pflanzenfresser darstellten. Es wurde immer kühler. Namin ersuchte einen Weg, sich an die Herde der Mammuts ran zu schleichen. Er wagte es nicht, von seinem Pferd abzusteigen. Würde er von einem wütenden Tier attackieret werden, so konnte er immer noch fliehen. Er hatte seinen besten Pfeil an einer Öse des Sattels befestigt und dehnte den Bogen, damit er die Schnur an den Kerben befestigen konnte. Die Herde zog langsam in seine Richtung. Mit einem Klaps auf den Hals befahl Namin seinem Reittier, in die nahe gelegene Baumgruppe zu verschwinden. Namin nahm seinen Pfeil hervor und spannte ihn behutsam in seinen Bogen. Er konnte das Trampeln und Schnaufen der langhaarigen Mammuts vernehmen. Er hatte es auf ein Jungtier abgesehen, das nicht viel größer als er war und möglicherweise mit einem Schuss zu bewältigt werden konnte. Er war sich nicht sicher, ob ein einzelner Schuss überhaupt ausreichen würde. Dennoch musst Namin den Versuch wagen, ließ ihm der Hunger ja keine andere Alternative. Staub kam in seinen Richtung, der von den aufstapfenden Füßen der Herde verursacht wurde. Der Atem der Tiere wirkte wie Nebel. Namin zählte zwölf, vielleicht auch fünfzehn Individuen.
Plötzlich wurde die Horde unruhig. Durch den Staub, der durch die wild umhertrampelnden Füße aufgewirbelt wurde, war seine Sicht komplett versperrt. In alle Richtungen zerstreut liefen die Tiere auseinander, kamen aber nicht in seine Richtung. Als sich der aufgewirbelte Sand langsam gelegt hatte, erfuhr Namin den Grund für die hastige Panik. Zwei Säbelzahntiger hatten sich hinter einem Felsen versteckt und von dort der Herde aufgelauert. Der Angriff versetzte die Pflanzenfresser so in Aufruhr, dass sie in alle Richtungen davon flohen. Das Jungtier das er erlegen wollte, war nun den Säbelzahnkatzen zum Opfer gefallen. Mit einem kräftigen Biss ins Genick war das kleine Mammut zwar noch nicht tot, konnte sich aber nicht mehr wehren. Namin hielt es für das Beste, jetzt sofort zu flüchten, um den Katzen aus dem Weg zu gehen. Diese Entscheidung war jedoch nach kurzer Zeit annulliert.
Das Herdenweibchen schien die Säbelzahntiger vertreiben zu wollen und kam mit einem impulsiven Ansturm auf die Raubkatzen zu. Der Kopf war leicht nach vorne gelehnt, so dass die Stosszähne trotz ihrer rundlichen Form nach vorne gerichtet waren. Die beiden Katzen wichen dem Angriff gekonnt aus, in dem sie auf die Seite sprangen. Der Bereich um das getötete Jungtier war mit Blut getränkt. Blitzschnell setzte eine der Katzen zum Sprung an. Sie krallte sich mit den Pfoten an den zottigen Haaren fest und bearbeitete die Flanken des Leittiers. Dieses kam nicht dazu, den Angreifer abzuschütteln, da die zweite Katze Richtung Kopf sprang, jedoch von den Stosszähnen getroffen wurde, die das Mammut blitzschnell nach oben zog. Auf den Boden sinkend, versuchte der Säbelzahntiger noch, sich mit der Kralle an dem Pflanzenfresser zu haften, was ihm nicht gelang. Unterdessen war der zweite Angreifer bis auf den buckeligen Rücken des Mammuts gestiegen und biss sich dort mit Leibeskräften fest. Das Leittier grölte und stieß sich mit den Vorderbeinen vom Boden ab. Diese Bewegung versetzte dem, auf dem Rücken sitzenden Säbelzahntiger, einen solchen Ruck, dass er rücklings zu Boden fiel. Er richtete sich sofort wieder auf und verbiss sich im Hinterbein des Mammuts. Der zweite Angreifer war nun auch wieder bei Bewusstsein und eilte seinem Mitstreiter zu Hilfe. Letzter konnte sich, trotz dem starken Schütteln am Bein des Mammuts halten und biss immer fester zu. Sichtlich geschwächt, lies sich das angegriffenen Tier fallen. Jedoch nicht nur aus Schwäche. Unter dem enormen Gewicht vergraben, konnte man den Säbelzahntiger nur noch jammern hören. Kurze Zeit später war er tot. Der zweite Angreifer schien zu bemerken, dass der ziemlich chancenlos war und trottete resigniert fort. Dem Mammut ging dies anscheinend nicht schnell genug; es hatte sich wieder aufgerichtet und setzte seinem Kontrahenten nach. Obwohl Namin von diesem Schauspiel in dessen Bann gezogen wurde, war er erleichtert als es zu Ende war. Neben der Leiche des toten Mammutkalbs war das Gras mit Blutspritzern übersäht.
Als die Herde außer Sichtweite war, schnitt Namin mit seinem Messer ein Stück Fleisch des getöteten Pflanzenfressers ab, entzündete ein Feuer, briet es und aß davon. Es schmeckte zwar eher zäh und sehnig, war aber dennoch genießbar. Namin fror in der stetig kälter werdenden Taiga.
In der Ferne konnte er ein Geräusch vernehmen, das immer näher kam. Ein verschleiertes Wesen ritt auf einem ihm unbekannten Geschöpf in seine Richtung. Namin war klar, das er soeben entdeckt wurde und die Flucht sinnlos war. Deshalb nahm er seinen Bogen hervor, der noch gespannt war und zielte auf den Reiter. Die Sehne ließ den zischenden Pfeil in die Nacht hinaus. Namin erwartete einen Aufschrei. Dieser blieb aus. Schnell schoss er ein zweites Mal, er war sich sicher, getroffen zu haben. Dennoch passierte nichts. Es blieb ihm keine Zeit einen dritten Schuss abzufeuern. Er musste sich mit seinem Schwert verteidigen. Dazu kam er nicht; das letzte was er hört war sein eigener Schrei, den er von sich gab, als ihn etwas Spitzes in den Bauch traf. Er sank sofort zu Boden.
# Kapitel 2: Freundliche Gesellschaft
Etwas Nasses in seinem Gesicht war das erste, was Namin spürte, als er aufwachte. Er fühlte sich schummrig. Das nasse Etwas lag über seinen Augen, so dass er nicht erkennen konnte, wie es um ihn herum aussah. Er war ebenfalls nicht in der Lage, seine Hände zu bewegen. Erstaunlicherweise schnitten die Fesseln, mit denen er festgebunden war, nicht in seine Haut. Sie waren sanft, fast schon angenehm. Es musste Seide sein, vermutete Namin. Kurze Zeit später war er bei vollem Bewusstsein. Eine Hand entfernte das nasse Tuch von seiner Stirn. Erstaunt blickte Namin in das Gesicht des Waldhüters, den er in der Herberge in Simbalow getroffen hatte. Diesmal konnte er dessen Antlitz erkennen, da dieser seine blonden Haare mit einem Zopf nach hinten gebunden hatte.
Namin befand sich ein einem Zelt. Er lag auf einer Barre aus Holz, welche zentral im Raum stand. Mehrere dunkelbraune Kisten umgaben ihn. An einer dieser Kisten lehnte der edle Langbogen des Elfen. In einem Regal waren Hellbarden aufgereiht, darunter standen Schilde. Sie hatten einen dunkelroten Hintergrund, der mysteriös glänzte. In der Mitte prangte ein goldenes Geweih. Der Waldhüter sprach zu ihm: „Guten Morgen, ich heiße Veredor. Den Sinn deiner Gefangennahme werde ich dir sobald wie möglich schildern. Habt ein wenig Geduld und stellt vorerst keine Fragen!“ Die Stimme klang zum einen gebieterisch und bestimmt, zum anderen ruhig und gelassen.
„Ich werde ein Frühstuck zu mir nehmen. Ich bringe euch etwas mit, dann binde ich die Fesseln los.“ Der Elf verließ das Zelt. 1 Kurze Zeit später betraten drei Personen den Raum. Eine von ihnen war der Waldläufer. Rechts und links neben ihm trugen die beiden anderen ein Tablett, auf dem sich erlesene Speisen und Getränke befanden.
„Monsieur, hier ist ihr Frühstück.“ sagte einer der beiden. Er hatte ebenfalls blondes Haar und trug einen roten Umhang mit dem gleichen Wappen, wie es sich auch auf den Schilden befand. Auf seinem Tablett stand ein goldner Becher, der mit Rubinen besetzt war. Auf einem Teller befanden sich Fleisch, Gemüse und Früchte. Namin zerehrte das Essen genüsslich. Nachdem die beiden Diener die Reste des Frühstücks und das Geschirr aus dem Zelt geräumt hatten und der Waldläufer und Namin allein waren, begann dieser zu erklären: „Wir befinden uns hier Nuskalahar. Dies ist ein wichtiger Stützpunkt unseres Elfenclans. Wir sind die Alcesor-Elfen. Du wirst uns an den roten Farben mit dem goldenen Geweih immer erkennen. Seit unser Clan besteht bauen und siedeln wir hier im Karulwald. Nuskalahar ist unsere größte Stadt. Wir handeln mit den anderen Elfenclans aus dem Elvawald. Unsere besten Partner sind die Gavok-Elfen. Mein Langbogen“ ,er deutete auf seine Waffe, „ist aus Elvaholz. Wir haben es von den besagten Gavok-Elfen. Seit Jahrzehnten blüht dieser Handel. Naturalien, wie Holz, Unjan, Katroik, Gavok und Getreide sind seit jeher gefragte Güter. Die Preise stimmen und die Gesellschaft ist hochzufrieden…“
Namin wusste nicht so recht, was er von diesem Gespräch halten sollte, entschied sich aber, noch ein bisschen zuzuhören. „Ich werde fortfahren, wenn ich dir Nuskalahar gezeigt habe! Doch zuerst werde ich dich einkleiden lassen.“ Die Diener brachten dunkelrote Kleidung in das Zelt.
Die neue Hose die er bekam war viel bequemer und stabiler; ihre Nahten waren sinnvoll angebracht und die Taschen waren faustgroß. Auch sein neues Hemd aus Ufgahn-Leinen hatte eine ausgesprochen gute Qualität. Doch dies war erst der Anfang. Immer mehr Diener betraten das Zelt. Alle hatten Materialen zur Herstellung von Kleidern, Taschen und sonstigen sinnvollen Reisebegleitern bei sich.
Veredor sagte, dass Namin bald auch ein richtiges Schwert bekommen würde, er solle sich nur gedulden. Emsig wurde er vermessen während die Elfen einzelne Teile der Rüstung herstellten, die so passgenau wie möglich war. Auf einem Karren wurde ein Amboss ins Zelt gefahren, so dass das Nieten und Metallverstärkungen direkt bearbeitet werden konnten. Näherinnen stickten das goldene Geweih auf Namins Umhang.
Jedes Detail seiner neuen Garnitur war perfekt auf ihn abgestimmt. Die Rüstung aus Leder- und Kettenhemdelementen kratzte und juckte nirgendwo und war fast schon bequem. Die Arm- und Beinschienen waren aus extrem leichten Kuprinhometall und glänzten leicht rötlich.
Die jetzige Erscheinung des gerade mal sechzehnjährigen Namins war mit seiner alten unvergleichbar. Auch wenn er seine Rüstung wieder ablegen musste, war er sehr stolz diese nun zu besitzen. „Steht dir gut!“ sagte Veredor, der während der Einkleidung Namins nichts gesagt hatte. „Du wirst sie bald brauchen, dass versichere ich dir! Passt sie dir?“ „Oh ja, sehr sogar“ entgegnete Namin zufrieden.
„Sehr gut. Lege sie nun wieder ab. Ich zeige dir jetzt die Stadt!“ Namin tat wie geheißen.
Nuskalahar war eine wunderschöne Stadt. Die einzelnen Häuser waren imposant und fragil zugleich. Sie hatten verschiedenste Formen. Namin viel auf, dass die Stadt sehr grün war. Überall wuchs Gras und Bäume standen dicht. Ein Blick nach oben ließ Namin etwas Erstaunliches erkennen. An den Kronen der Bäume waren Baumhäuser erbaut, die mit Hängebrücken miteinander verbunden war. An großen Eichen waren Leitern angebracht, so dass man direkt nach oben steigen konnte. Das helle Holz, aus dem die Häuser erbaut waren, ließ die Stadt fröhlich und lebendig wirken. Jedes Gebäude war mit einem anderen verknüpft. Von Haus zu Haus waren kleine Brücken befestigt. „Schön“ sagte Namin geistesabwesend „Ich weiß. Ihr Menschen baut anders als wir…“ Namin brannte die Frage auf den Lippen, warum man ihn hierher gebracht hatte. Er wollte nicht unfreundlich sein und hielt sich mit der Aussprache zurück. „Ich werde dir nun verraten warum wir dich brauchen!“ Namin war aufs äußerste gespannt. „Doch als erstes musst du uns eine Frage beantworten!“ „Und die wäre …?“ fragte Namin etwas genervt. „Was wolltest du in der Nordsteppe. Wo sind deine Eltern?“ „Das ist eine lange Geschichte“ sagte Namin betrübt. „Wärest du bereit sie mir zu erzählen?“ fragte Veredor in einem sanften Ton. „Wenn ihr wollt dann fange ich an. Doch dauert es, bis ich fertig bin. Könnten wir uns noch mal ins Zelt begeben, damit ich eine Sitzmöglichkeit habe?“
Es war schon Abend und Veredor schien es im Zelt zu kalt zu sein deshalb schlug er vor, im Rathaus von Nuskalahar zu sprechen. Das Rathaus war ein prachtvolles Gebäude. Es hatte zwei Etagen. Das Dach der ersten bildete eine riesige Terrasse. Das besondere war, dass das Haus komplett mit dem Wald um es herum verknüpft war. In der riesigen Eingangshalle stand eine noch größere Eiche, durch das Dach wuchs. Aus diesem Grund hatte das Dach des Rathauses eine gläserne Wölbung, Am Rande der Mauer um die Kuppe war eine Art Steg angebracht, sodass man um die Baumkrone herum laufen konnte. Das Glas der Kuppel hatte einen rötlichen Ton. Das Sonnenlicht wurde durch diesen gefärbt, sodass das komplette Rathaus mit einem warmen und rötlich-leuchtenden Abendsonnenlicht durchflutet wurde. Um die Eiche war ein kleiner Park erbaut. Der Weg dieses Parks war aus Kieselsteinen. Auch ein Bach, der sogar einen Wasserfall beinhaltete war in dem Rathaus. Namin schätze, dass dieses Gebäude fast hundert Meter hoch war. Das Bauwerk wirkte eher wie eine Ruine, denn fast jedes Mauernstück war mit Efeu oder anderem Gewächs bewachsen. Auch wenn das Rathaus augenscheinlich aus nur zwei Etagen bestand war es viel größer. Es gab zwar mehrere einzelne Räume, doch war es eher eine riesige Halle.
Veredor lies es sich nicht nehmen von diesem Bauwerk zu prahlen und Namin war sichtlich angetan. „Das Rathaus wird auch Zaojantong genannt.“
Namin hatte dies bereits vermutet, da sich über dem eichenen Eingangstor ein Walnussschild mit eben jener in goldenen Lettern gehaltenen Aufschrift befand.
„Dies ist nicht nur unserer Rathaus“, sagte Veredor prahlerisch, „auch unsere Bank, das Warenhaus und andere wichtige Gebäude sind hier untergebracht. Deshalb erfährt es eine Tag und Nacht andauernde Bewachung.“ Namin sah zahlreiche Langbogenschützen, mit den rotfarbenen Gewändern und dem goldenen Geweih, die ständig aufmerksam um sich blickten.
„Ich habe zwei Fragen; Warum ziert ein goldenes Geweih nahezu alles was ihr tragt und weshalb nennt ihr euch Alcesor-Elfen?“ „Wie gut kennst du die Geschöpfe Katamtkas?“ entgegnete Veredor prompt und fügte hinzu „es ist wichtig für deine Frage!“ „Ich kenne vor allem fleischfressende Tiere“ sagte Namin stolz.
„Das hilft uns leider nicht weiter, ich werde dir einen Elch zeigen müssen. Glücklicherweise gibt es hier einen Stall. Dort ist übrigens auch dein Pferd untergebracht, ein tolles Tier“
Veredor führte Namin durch den Park. Es wurde langsam Abend. Namin war von den Elchen äußerst fasziniert.
„Wie du seihst, hat das Geweih die selbe Form, wie unserer goldenes Emblem. Alcesor kommt von dem wissenschaftlichen Namen der Elche. Ein Forscher aus unseren Reihen hat diese Art als erstes entdeckt. Seitdem haben wir diesen Namen. Namin wollte mehr über die Elche wissen und fragte: „Sind das gute Reittiere“ „Du kannst es morgen, wenn es hell ist, ausprobieren“.
Namin war damit einverstanden. Die beiden begaben sich in eine kleine Gaststätte, die auf einem Plateau im Zaojantong stand. Man musste sich das Rathaus wie eine wahnsinnig große Halle vorstellen, in der wiederum kleiner Gebäude erbaut waren. Sie setzten sich in eine schummrige Ecke und Veredor hörte Namin gespannt zu.
„Ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen. Schon früh lernte ich kämpfen, Bogen scheißen, angeln, kochen und andere Fertigkeiten. Mein Vater nahm mich desöfteren mit auf die Jagd. Unser Dorf war nicht besonders groß, etwa zweihundert Einwohner. Es ging eigentlich jedem gut, wir handelten untereinander; wir gaben dem Bauern Fleisch, er gab uns Getreide und Gerste. Einen Teil der Gerste gaben wir dem Fischer, der uns hierfür Fische gab. So hatte jeder etwas. Durch das gute Wetter, das in unserer Region, herrschte gab es keine Missernten oder sonstiges. Doch das Leben war langweilig. Es passierte nie etwas und jeder Tag verlief wie der Vortag. Manchmal griff ein Bär unser Dorf an. Jeder nahm seinen Bogen, seine Hacke oder etwas anderes mit dem man sich verteidigen konnte. Ein guter Freund von uns ist bei solch einem Angriff gestorben. War der Bär besiegt wurde am Lagerfeuer gefeiert. Die Frauen fertigten Mäntel aus dem Fell und der Kopf wurde als Trophäe in unser Dorfzentrum gehängt.
Einmal im Jahr veranstalteten wir eine große Jagd, danach waren die Vorratskammern immer voll gefüllt. Ich war eines der wenigen Kinder. Wir verstanden uns gut und spielten miteinander. Ich wurde immer älter; es war an der Zeit die Reifeprüfung zu bestehen. Man musste, nur mit einem Bogen bewaffnet einen Viertel Mond alleine auskommen. Ich war damals zwölf Jahre alt gewesen und die Prüfung war kein Problem. Ich wurde von meinem Vater und dem Dorfältesten weit entfernt im Wald ausgesetzt, so dass es mindestens einen Viertel Mond dauern würde, wieder zum Dorf zurückzukommen. Ich war damals sehr gut gewesen und hatte das Dorf schon nach nur fünf Tagen erreicht. Mein Vater sagte mir, dass er sechs Tage gebraucht hatte. Einer meiner besten Freunde kam nie zurück. Auch wenn ich sehr traurig darüber war, wusste ich, dass es so richtig war. Nur wer in der Lage war, auch auf sich alleingestellt, zu überleben, durfte weiter im Dorf bleiben. So wurde die Spreu vom Weizen getrennt, damit auch in harten Zeiten ein Versorger und Beschützer da war.
Als ich vierzehn Jahre auf dem Buckel hatte, trat ich dem Dorfrat bei. Auch wenn dies eine Ehre war, bedeutete es eigentlich nichts. Die Versammlungen fanden alle drei Monde statt und hatten eigentlich gar kein Thema. Sehr selten ging es um Schutzvorrichtungen vor Banditen, die manchmal das ein oder andere Huhn, einen Sack Gerste oder sonstige Güter klauten. Da dies meistens in der Nacht geschah, waren Schutzvorrichtungen meiner Meinung nach sinnlos. Dennoch wurde entscheiden, eine Palisade um das Dorf zu errichten. Jeder beteiligte sich daran und es dauerte gerade mal einen Mond, da hatten wir eine doppelte Palisade samt Schlammgraben und angespitzten Holzstöcken erbaut. Im Innern hatten wir ein Seil angebracht, das mit mehreren Glocken verbunden, die läuteten, falls es berührt wurde. Gespannt war dieses Seil nur am Tag. Das ganze Dorf war wahnsinnig stolz über diesen Schutz und es wurde wieder ausgiebig gefeiert. Sogar eine kleine Zugbrücke, die über den Schlammgraben gespannt war, hatten wir gebaut. Später kamen ein Beobachtungsturm, ein unterirdischer Bunker und mehrere Fallen im Wald dazu. Diese eigneten sich um Tiere zu fangen und auch ein paar Banditen fielen die Fallgruben zum Opfer. Natürlich waren sie markiert, sodass keiner von uns hinein trat. Ich war fast sechzehn, als das passierte, was mein Leben veränderte.“
Er machte eine kurze Pause in der er eine Elchmilch bestellte, die laut Veredor köstlich schmeckte. „Es war ein nebliger Tag. Mein Vater beschloss mit einigen Dorfbewohnern auf die Jagd zu gehen. Er war nicht lange fort. Bereits kurze Zeit später kam er wieder und berichtete etwas Grausames:, Da sind Bandi´ weiter kam er nicht. Ein dicker Armburstbolzen steckte in seinem Rücken. Weitere Geschosse folgten. Meine Mutter rannte ins Haus um sich dort zu verschanzen. Ein tödlicher Fehler, wie sich später rausstellte. Der Angriff kam einfach zu plötzlich. Von überall her kamen Banditen, und da es Tag war, waren unsere Schutzvorrichtungen nur teilweise aktiviert. Die, die meinen Vater begleitet hatten, mussten schon Tod sein. Ich lief in Windeseile Richtung Bunker, in dem sich die noch Überlebenden verschanzt hatten. Es waren nicht viele Gewesen. Die Lage schien aussichtslos.
Zum Glück standen die Häuser sehr dicht aneinander. So konnte ich nicht entdeckt werden. Ich wusste, dass ich mein Heimatdorf wahrscheinlich nie mehr wieder sehen würde. Die Räuberbande hatte nichts zerstört um in den Häusern weiter leben zu können. Es war eine äußerst schwere Zeit für mich; Ich hatte keine Waffen, noch Nahrung. Glücklicherweise wurde ich von zwei Banditen angefallen. Von zu hause hatte ich noch ein kurzes Messer, mit dem ich mich gegen sie verteidigen konnte. Von dem Geld, dass sie besaßen kaufte ich mir alles was ich brauchte und begab mich auf den Weg zu meinem Onkel nach Sankura um dort ein neues Zuhause zu bekommen.“
Während Namin erzählte, hatte er seine Elchmilch ausgetrunken und sich eine zweite bestellt, da sie so gut schmeckte. Veredor schien sehr gerührt, eine Träne lief an seinem rechten Auge hinunter. Als sie die Herberge verließen war es draußen eigentlich schon komplett dunkel. Nur ein paar Fackeln und riesige Feuer, sowie einige Kerzen erhellten das gigantische Rathaus, das auch jetzt noch nicht elfenleer war und immer noch rege besucht wurde. Namin mochte Veredor, auch wenn er ihn erst heute wirklich kennen gelernt hatte. In der Herberge in Simbalow war ihm der Waldhüter ja schon begegnet.
Dass dies kein Zufall war, wusste Namin. Es musste etwas damit zu tun haben, dass die Elfen ihn brauchten. Nun war Veredor an der Reihe, seine Beweggründe für Namins „Gefangennahme“ offen zu legen. Doch er war, wie Veredor auch, zu müde um jetzt noch danach zu fragen. Er beschloss jetzt schlafen zu gehen. Veredor wies ihn an, hier im Rathaus zu schlafen und zeigte ihm die Herberge „Zum grauen Elch“. Sie sollte laut Veredor die beste in ganz Nuskalahar sein. Als Namin die edle Eichentür öffnete und das noch edlere Interieur sah, stimmte Namin, obwohl er noch kein anderes Hotel in Nuskalahar gesehen hatte, vollends zu. Die Einrichtung bestand aus sehr dunklem Holz. Die Wände waren mit dunkelrotem Samt bezogen, in regelmäßigen Abständen steckte eine Fackel in einer dafür vorgesehnen Halterung aus einem goldglänzenden Metall. In der Mitte jedes Korridors lag ein roter Teppich dessen Ränder golden waren. Der Boden war gleichmäßig mit rechteckigen Steinen gedeckt und fühlte sich angenehm warm an. Veredor sagte, es sei die Fußbodenheizung. Kleinere Palmen und andere schöne Topfpflanzen standen in jeder Ecke des Hotels und ließen die Luft noch angenehmer werden. Eine wunderschöne Elfe stand an der Rezeption. Ihre goldblonden Haare hingen ihr bis zur Schulter. Namin hatte noch nie in seinem Leben eine so schöne Frau gesehen und war sprachlos. Veredor redete sie als Arithea an, er schien sie recht gut zu kennen. Zu Namin sagte er: „Du brauchst nichts zu bezahlen“.
Namins Zimmer war in der dritten Etage. Der sechzehnjährige Mensch wusste nicht, dass Veredor, kurz nachdem Namin eingeschlafen war, zwei Leibwächter vor dessen Zimmer postieren ließ. Ihm lag sehr viel an Namins Sicherheit und ein Risiko wollte er auf keinen Fall eingehen.
# Kapitel 3: Arithea
Namin wurde nicht wie sonst von Vogelgezwitscher oder anderen natürlichen Geräuschen geweckt, sondern so, wie es in einem Hotel, in dem man einen wichtigen Gast darstellte, üblich war. Veredor hatte die Wachen kurz bevor er Namin aufwecken lies weggeschickt. Er wollte Namin einen möglichst angenehmen Aufenthalt gewähren.
Zum Frühstuck bekam Namin tropische Früchte, die von den Tropica-Elfen stammten. „Neben den Gavok-Elfen gehören auch die Tropica-Elfen zu unseren Handelspartnern. Haupthandelungswaren sind tropische Früchte, Holz aus dem Dschungel, Waffen und exotische Tiere“ erklärte Veredor. Namin schob sich ein Stück Annanas in den Mund und führte den goldenen Becher, in dem sich Kiwisaft befand, an seine Lippen. Beides schmeckte vorzüglich.
„Nun, wir haben es ja schon ziemlich lange aufgeschoben, aber jetzt ist es definitiv an der Zeit, dir deine Aufgabe zu verkünden, die du für uns erledigen sollst“ fing Veredor an.
„Ich soll eine Aufgabe erledigen“ entgegnete Namin entgeistert, während er das Wort „Aufgabe“ besonders betonte. „Weißt du, es ist keine klassische Aufgabe, die ein Vater seinem Sohn, der König einem Ritter oder dem Schmied seinem Lehrling in der Prüfung stellt…“
„Sondern?“ unterbrach in Namin schon nicht mehr ganz so freundlich. „Es ist eine größere. Bitte unterbrich mich jetzt nicht. Ich werde dir Informationen zur Thematik zeigen. Begleite mich in die Bibliothek von Nuskalahar.“
Die Bibliothek stand nahe dem Rathaus und war ein alt anmutendes Bauwerk. Der Grundriss war rechteckig, fast quadratisch. Die zum Bau verwendeten Steine waren an manchen Stellen mit Efeu bewachsen und machten damit einen abenteuerlichen und mystischen Eindruck. Im Innern befanden sich turmhohe Regale mit verstaubten Büchern über Zauberrei, Pflanzenkunde, Zoologie, Schmiedekunst, Architektur, Physik und vielen anderen Themen, deren Aufzählung wahrscheinlich genau so lange dauern würde, wie der Bau einer neunen Bibliothek. Auch wenn viele Fenster Licht in den großen Raum ließen, herrschte ein eher schummriges Licht, das gerade so zum Lesen reichte.
Ein sehr gebildet aussehender, schon etwas älter anmutender Elf schien sie bereits erwartet zu haben. Mit strammen Schritten bewegte er seinen dennoch kräftigen Körper auf sie zu. Er hatte wie Namin grüne Augen, die trotz seines Alters wachsam um sich blickten. Er war nicht viel größer als Namin, hatte silbriges Haar und ein leicht faltiges Gesicht. In seiner rechten Hand hielt er einen imposanten Stab. Das knorrige Holz hatte Einschnitzungen und in regelmäßigen Abständen war ein silberner Ring um es herum angebracht. An der Spitze schloss ein ovalförmiger Glaskolben ein violettes Licht ein, das wie eine züngelnde Flamme ständig hin und her huschte.
„Isthafa com mui thala Mandrian“ sagte er mit einer kraftvoll bebenden Stimme. Namin, der kein Wort verstand schaute ungläubig in Richtung Veredor, dessen Lippen sich leicht nach oben verzogen hatten. „Er heißt Mandrian“ sagte er belustigt.
„Commo tula bibliotheca ici mio chefta” fuhr Mandrian fort.
“Ich glaube es ist besser, wenn ich dir erkläre was er hier macht, anstatt es dir immer nur zu übersetzen. Er ist hier Bibliothekar und er verwaltet diese Bibliothek. Mandrian ist schon fast hundert Jahre alt und weigert sich schon seit jeher die globale Sprache zu sprechen. Er ist mit der elvatonischen Sprache aufgewachsen. Diese beherrscht zwar jeder Elf, doch der größte Nachteil an ihr, ist ihre Länge. Die meisten Bücher, die in die globale Sprache übersetzt wurden waren meist nur halb so dick, wie die originalen, die in elvatonisch geschrieben wurden.
Deshalb spricht nahezu jeder Elf heutzutage die globale Sprache, auf wenn sich viele weigern dies zu tun. Die Alcesor-Elfen sprechen hauptsächlich global, nur er nicht. Du wirst dich an ihn gewöhnen müssen. Der eigentliche Grund, warum wir hier sind ist folgender: Du musst dich gut auskennen mit dem, was du für uns tun sollst.“ „Habe ich keine andere Wahl?“ fragte Namin kleinlaut.
„Sagen wir es so: Wir brauchen dich und werden dich durchaus freundlich behandeln. Eigentlich musst du nur etwas mit uns erforschen. Du wirst daraus einen Nutzen ziehen.“ „Einverstanden! Was soll ich lesen?“
„Seit einiger Zeit sinkt das Vertrauen der Gavok- und Tropica-Elfen als gute Handelspartner. Sie verlangen immer höhere Zölle für die Waren, obwohl der Transportpreis gleich hoch bleibt“, er machte Mandrian ein Zeichen auf das dieser ein Buch aus dem Regal nahm und es Namin in die Hand drückte. Veredor fuhr fort: „In diesem Werk befinden sich Informationen über den Handel; die Transportkarren, die Zölle, Handelsgüter und andere Informationen speziell über den Handel zwischen uns und den Gavok-Elfen. Hier“, er nahm einen Stapel vergilbten Pergaments, den er auf das Buch legte, „sind alle Güter und Waren notiert, deren Preis und die Transportart zu unseren Handelspartnern. Jedes gehandelte Objekt hat eine eigene Seriennummer, sodass man immer erkennen kann, um was es sich handelt“
Namin wurde klar, das er viel lesen musste, um das alles zu verstehen und begreifen zu können. Mandrian hatte während Veredor Namin instruierte einen Blick in ein scheinbar sehr interessantes Buch geworfen, denn er sprach kein Wort mehr und hatte es sich auf einem Sessel bequem gemacht.
„Außerdem glauben wir, dass da unten im Süden irgendetwas was faul ist. Es kommen weniger Waren an, da die Karawanen angeblich beklaut worden seien.
Alle Güter, die wir den Tropica-Elfen schicken, werden mit Elch-Karren nach Nilphatagora gesendet und dort gegen die Waren der Tropica-Elfen getauscht. Wir haben dort unten eine Zweigstelle unserer Handelsgilde. In diesem Gebäude wird alles gelagert und untersucht, bevor es zu uns kommt. Manche Produkte bekommen die Menschen in Salim über den Keipei-Fluss. Uns gehören zwölf Handelskoggen.
Um auch Gewinne aus dem Handel zu ziehen, sind unsere besten Feilscher und Händler in unserer Zweigstelle in Nilphatagora. Doch vor drei Monden sind Ujanok und Blukemir angeblich verstorben. Dies ist überaus verwunderlich, da sie beide noch sehr jung waren. Ujanok war ein Genie, wenn es darum ging, um Tiere zu handeln, während Blukemir auf das Obst spezialisiert war. Der Tod der beiden hatte zu Folge, dass wir starke finanzielle Verluste gemacht haben. Genaueres findest du in dem Buch, was ich dir eben gegeben habe.
Deine Aufgabe wird sein, eine solche Karawane nach Nilphatagora zu begleiten und uns davon etwas zu berichten.“ „Und warum braucht ihr dafür ausgerechnet mich?“ fragte Namin verwundert. „Habe Geduld! Ich werde dir alles erklären. Ich beobachte dich, seit ich dich in der Herberge in Simablow getroffen habe. Du bist jung, kräftig und kannst kämpfen, genau so einen wie dich brauchten wir. Ich war auf dem Weg nach Salim um dort einen jemanden zu suchen, der unseren Anforderungen entsprach. Zwar hätte ich auch nach Sankura gehen können, jedoch hat unser König keine guten Erfahrungen mit dem dortigen König. Vor zehn Jahren gab es einen verlustreichen Kampf gegen Sankura, seitdem macht jeder Alcesor-Elf einen großen Bogen um diese Stadt. Möglicherweise wäre ich auch in einem kleinen Dorf fündig gewesen, aber das hätte sehr lange gedauert. Ich war also sehr froh als ich dich gefunden habe. Übrigens war es ein gefährliches Unterfangen einen Mammut zu erlegen. Du kannst froh sein, dass die Säbelzahntiger dir das Leben gerettet haben!“
„Aha, aber ihr habt doch auch junge Elfen, die diese Aufgabe erfüllen könnten.“
„Nein, nicht ganz. Wir brauchen einen Menschen. Du stellst einen jungen Prinzen dar, der mit den Elfen einen Pakt eingehen will. Mit uns hast du dich schon verbündet und willst das gleiche nun auch mit den anderen Elfen-Stämmen tun. Höchstwahrscheinlich werden die Gavok-Elfen einstimmen, da sie, wie wir alle, sehr großen Respekt und Ehrfurcht vor euch Menschen haben und es als große Schande gilt, einem Menschen ein Angebot abzuschlagen. Hier ist ein Buch über alle Elfenstämme. Den meisten wirst du wahrscheinlich nie begegnen, deshalb zähle ich dir jetzt die wichtigsten auf; Wir, die Alcesor-Elfen leben im Karuhlwald. Unsere Hauptstadt ist Nuskalahar. Handel treiben wir mit den Tropica-Elfen, die im Hovajiunaofschungel leben, den Gavok-Elfen und ein paar kleineren Stämmen, deren Aufzählung nicht der Rede wert ist. Übrigens: Die Gavok-Elfen heißen so, weil sie das Gavok-Getreide anpflanzen. Es ist sehr nährstoffreich, schmeckt in Broten überaus süßlich und wächst schnell. Eine riesige Plantage am südlichen Elvawaldrand wird von den Gavok-Elfen gepflegt. Jeder Stamm handelt mit ihnen, da Gavok zum wichtigsten Grundnahrungsmittel geworden ist. Deshalb kontrollieren sie den Markt und erhöhen den Preis stetig.
Früher betrug er für einen Zentner noch fünfzig Envaloko. Dies ist unsere Währung“, er hielt Namin ein rötlich glänzendes Geldstück hin, auf dem auf der einen Seite ein großer Adlerkopf prangte, auf der anderen waren Türme und die Silhouette einer Stadt zu sehen. „Der Adler ist das Symbol des Königs der Elfen. Die Stadt auf der andern ist Nilphatagora. Seit einem Jahr beträgt der Preis für einen Zentner Gavok nun fast achtzig Envaloko. Wir haben einen Späher losgeschickt. Vor vier Tagen ist er zurückgekehrt und sagt, dass die anderen Stämme weniger bezahlen müssen.
Wir haben das Gefühl, von den anderen Stämmen mehr und mehr ausgegrenzt zu werden. Wir vermuten, dass es an unserer guten Tierzucht, dem enormen Wissen, das in dieser Bibliothek lagert und anderen Kleinigkeiten liegt. Wir sind einfach weiter entwickelt und damit kommen die anderen Stämme scheinbar nicht zurecht. Doch dies ist nur eine Vermutung, der Grund für die Ausgrenzung kann auch ein ganz anderer sein. Früher galten wir noch als vertrauenswürdig, doch aus einem unbekannten Grund ist dieses Vertrauen von Seiten der anderen Stämme nicht mehr vorhanden. Wenn wir einen starken Verbündeten hätten, könnten wir wieder unsere ursprüngliche Stellung, in der Hierarchie der Elfenstämme einnehmen. Du wirst diesen Verbündeten darstellen. Mit deiner Hilfe wird ein Vertrag geschlossen, der die Verhältnisse wieder ins Gleichgewicht bringt. In einer Woche wirst du mit einer Karawane nach Nilphatagora reisen. Wir haben dir schon eine Kutsche mitsamt Gespann und sonstigen Schikanen vorbereitet. Es wird viel Eindruck schinden, dass du ohne Leibwächter reisen wirst. Doch habe keine Sorge, wir werden dir je zwei Elitekämpfer und Langbogenschützen als Begleitung geben. Und auch ich werde mitkommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass uns etwas passiert ist zwar gering, doch wir wollen kein Risiko eingehen.“
Der letzte Satz war eindeutig gelogen, doch Veredor befürchtete, dass Namin die Aufgabe verweigern würde, wenn er die Wahrheit kannte. „Wir haben vor, ein bis zwei Wochen in Nilphatagora zu bleiben und dann in dieser Zeit den Vertrag zu unterschreiben. Mandrian hat ihn so aufgesetzt, dass er für uns und die anderen Elfenstämme Vorteile bringt. Sobald sie ihn unterschrieben haben werden wir wieder abreisen und dich ordentlich belohnen.
Keiner wird es wagen, denn Vertrag zu missachten. Bei uns Elfen ist das eine der höchsten Sünden, die begangen werden können. Ohne den Handel könnten wir nicht überleben!“
„Ich hoffe ich habe das alles richtig verstanden. Ich gehe nach Nilphatagora, trete dort als junger Prinz auf, will ein Bündnis eingehen, das euch Vorteile bringt und verlasse die Stadt dann und werde belohnt.“ „Ja, so ungefähr. Doch lese diese Bücher gut. Um dich so authentisch wie möglich wirken zu lassen, haben wir uns eine Geschichte ausgedacht. Lese dazu dieses Buch und merke dir gut, wie deine Eltern heißen, warum du ein Bündnis machen willst. Natürlich stimmt dies alles nicht, doch du wirst es brauchen um echt zu wirken.“ „Einverstanden“ sagte Namin, der sich ein wenig über den Auftrag freute.
„Ich kann dir noch ein bisschen die Stadt zeigen. Du wirst auch Morgen und die nächste Zeit in dem Hotel übernachten. Falls du Ausrüstung benötigst, wende dich an Jentinir. Er wird dir nahezu alles geben was du brauchst. Ihm gehört eine Schmiede, er hat ein Jagdhaus erbauen lassen und stellt die Waffen für unsere Langbogenschützen und Elitekämpfer her. Ich muss noch etwas klären. Kommst du alleine klar? „Ja…“ „Ach ja, du scheinst dich für Raubtiere zu interessieren? Jedenfalls hast du ein Buch über sie.“ „Stimmt!“ „Wir haben eine Art Zoo hier in der Nähe. Wenn du willst, kannst du ihn jetzt gleich besuchen. Arithea wird dich begleiten. Geh´ einfach zu ihr ins Hotel.“
„Sehr gerne“ sagte Namin, der ein kleinwenig rot im Gesicht wurde. Namin verließ die Bibliothek und ging durch den kleinen Eingang, der gegenüber der Bibliothek lag, in das Rathaus. Der Wächter schaute ihn von oben bis unten an und als Namin sagte, er müsse zu Arithea, ließ er ihn ein. Morgens sah das Rathaus viel lebendiger aus, als am Abend, viele Elfen genossen den Park, andere saßen und tranken Elchmilch. Namin setzte sich auf eine kleine Bank neben der riesigen Eiche, um das eben gehörte zu verdauen. Er sollte also als junger Prinz, die anderen Elfenstämme einen Vertrag unterzeichnen lassen und dafür sogar Geld bekommen. Interessant. Würde es Zwischenfälle geben? Vermutlich schon, denn Veredor hatte gesagt, dass der „Prinz“ kräftig und gewand sein müsse. Eine schlaksige oder übergewichtige Person schien also nicht geeignet. Namin nahm sich vor, von den Elfen den Schwertkampf zu erlernen, doch erstmal war er froh, dass er es sich jetzt gut gehen lassen konnte.
Arithea trug sehr aufreizende Kleider und Namins Blick starrte stetig in ihre Richtung. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, sie als Begleitperson für ihn auszuwählen. „Der Zoo liegt etwas abseits. Willst du lieber zu Fuß gehen oder reiten?“ „Wie weit ist es denn?“ „Mehrere hundert Meter“ gab Arithea zur Antwort. „Auf was würden wir den Reiten`?“ „Auf einem Elch natürlich“ antwortete sie, als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt. „Ist das schwer?“ Namin hatte ein wenig Angst. „Kommt drauf an, wie gut du bist?“ „Dann gehen wir lieber zu Fuß“ sagte Namin schnell. „Früher oder später wirst du es sowieso erlernen müssen. Probier es doch einfach!“ Namin willigte nach längerer Überlegung ein und sie betraten den großen Stall im Rathaus. „Wir haben hier insgesamt fünfzehn Tiere. Wenn man Elche dressiert sind sie viel zuverlässiger als Pferde; sie halten mehr aus, können schwerere Lasten transportieren, fürchten keine normalen Wölfe…“ „Normale Wölfe?“ „Ach so, im Zoo zeige ich dir Urakwöfle…“ „Also, welches Tier willst du? Inak ist ein großer männlicher Königselchbulle. Er dürfte ganz gut für dich geeignet sein.“ Inak hatte fast so langes Fell wie Namins Pferd Hopakuna, die er sehr vermisste. Dennoch traute er sich nicht nach ihr zu fragen. Eigentlich funktionierte das Reiten auf einem Elch ganz gut. Schon nach kurzer Zeit saß Namin fest im Sattel und sie begaben sich Richtung Zoo.
„Unter den Alcesor-Elfen gibt es viele Magier und Wissenschaftler, die ständig neue Tiere ausfindig machen und spezielle Züchtungen entwickelt haben. Inak ist ein Salaphira-Elch. Sie sind besonders robust, wetteranpassungsfähig und ein gutes Stück größer als der Gemeine Elch alces alces minimalis. Der Salaphira-Elch heißt in der Fachsprache alces acles rex. Manche nennen ihn auch Königselch. Doch wie du siehst ist es in diesem Fall bessser, den elvatonischen Namen zu verwenden, da er genau sagt, um welches Tier es sich handelt. Das erste alces steht für die Gattung, das zweite ist die Art und das rex steht für die Unterart Königselch. Das erstaunliche ist, dass es Gattungen gibt, die sich sehr ähnlich sind, doch Arten aus der gleichen Gattung, die völlig unterschiedlich sind. Bei Gelegenheit zeige ich dir ein Buch, in dem alle imposanten und gefährlichen Tiere Katamtkas, samt unserern Züchtungen aufgelistet sind, falls es dich interessiert. Die Königselche leben sehr lange und sind ziemlich intelligent. Beim Kämpf gegen Sankura hatten wir zweihundert Elchreiter. Hundert davon trugen Langbögen, die anderen waren mit Swainosoko-Schwertern bewaffnet. Das sind die Schwerter, die nur die besten unserer Krieger tragen dürfen. Jentinir hat sie erfunden. Die Elche in der damaligen Schlacht waren alles Salaphira-Exemplare. Kurz bevor der Kampf begann, hatte Salaphira die neue Züchtung entdeckt und nach seinem Namen benannt.
Leider starben damals fast alle. Zwanzig haben überlebt, unter ihnen auch Inak. Du brauchst dir keine Sorge um ihn zu machen, er hat schon viel erlebt.“
„Wie kam die Schlacht damals zustande?“
„Mir wurde nur sehr wenig darüber berichtet. Auch ich war damals noch zu jung um alles zu begreifen.
Der Herzog von Sankura meinte wir würden seine Bauern ausrauben. Damals gab es bei den Menschen einen schlimmen Verräter. Kujan war sein Name. Wir hatten einen guten Kontakt zu dem Herzog. Kujan stellte ebengenanntes Gerücht in die Welt. Er hoffte der Herzog würde sterben und er als sein Vertreter würde an die Macht kommen. Er sagte zu seinem Herrn, er habe mehrere Elfen beobachtet und gesehen, wie diese die Kornspeicher der Bauern ausraubten. Wir vermuten, dass Kujan seine eigenen Männer angewiesen hatte, die Kornspeicher zu plündern. Zwar glaubte der Herzog diesen Verleumdungen vorerst nicht, doch als Kujan ein paar unsere Landsmänner bestochen hatte die Speicher auszurauben, um diese dann auf frischer Tat zu ertappen, war der Friede dahin. Anfangs kündigte der Herzog den Frieden und ließ Truppen die Kornkammern bewachen, doch als die von Kujan bestochenen Elfen einen Angriff ausführten begann der Kampf.
Am Ende wurde Kujan getötet. Doch es gab auf beiden Seiten wesentlich schlimmere Verluste. Der Herzog starb, genauso wie unser Magier Salaphira. Irgendwie hat es Kujan noch geschafft, vor seinem Tod, den Bauern des Herzogs einzubläuen, dass die Elfen an der Schlacht Schuld hatten. Der neue Herrscher glaubte dies und seitdem herrscht kein gutes Verhältnis zwischen uns und den Sankuranern.“ Es war mittlerweile früher Nachmittag und die Sonne stand an ihrem höchsten Punkt. Namin hatte sich den Zoo gänzlich anders vorgestellt. In einem seiner Bücher wurde der Zoo so beschrieben: Zoos sind Ansammlungen von schönen, seltenen und faszinierenden Tieren in, einem Bauernhof ähnlichen, Gehege. Im Gegensatz zum Bauerhof dienen die Tiere jedoch nicht als Nahrungslieferant, sondern allein zum anschauen und beobachten. Der Zoo der Elfen war vielmehr eine Art Bauernhof mit Tieren, die zwar in Gehegen und Käfigen gehalten wurden, aber scheinbar nicht zum Beobachten dastanden.
„Du scheinst einen menschlichen Zoo erwartetet zu haben. Doch dieser ist euren eigentlich ganz ähnlich, bis auf den Punkt, dass es keine Besucher gibt. Damit die Tiere ein glückliches Leben führen können haben sie sehr große Gehege. Rund dreißig Pfleger kümmern sich um die Tiere. Momentan haben wir hier ungefähr hundert Exemplare.
Der Zoo in Salim soll jedoch um einiges größer sein, als unserer hier. Das berichten einige unserer Späher. Wie auch immer… Was möchtest du als erstes sehen“ fragte Arithea und fuhr sich durch die Haare. Namin wusste nicht so recht und stammelte: „Zeig…du mir doch…etwas…“ Das Gelände für jedes Tier war individuell. Die Löwen hatten hohes Savannengras um sie herum, die Affen lebten im Dschungel, während ein weißer Bär in kaltem Wasser schwamm.
„Jeden Mond muss die Temperatur von unseren Magiern geregelt werden. Viele der Tiere würden sterben, weil es zu heiß oder kalt wäre. Deshalb entzünden die Magier Zauberkugeln, die wärmen oder kühlen. Leider strahlen diese nicht allzu lange und müssen deshalb durch neue ersetzt werden.“
Namin hatte sich schon bei Mandrian gewundert, warum die Flamme in seinem Stab nicht erlosch, doch jetzt fiel es ihm wie Schuppen von den Augen; die Elfen konnten Zaubern. Zuerst wollte er den Zoo besichtigen und sich dann bei Veredor erkündigen, inwieweit diese Zauberkraft reichte. Eigentlich war Namins Erkenntnis nichts besonderes, da auch die Menschen zaubern konnten, wenn auch nicht ganz so gut wie die Elfen. Nur konnte er dies nicht wissen. In dem kleinen Dorf, in dem er lebte, herrschte ein ganz normales Bauern- und Jägerleben. Selten verirrte sich jemand in die kleine Siedlung. Magier gab es ohnehin nur in Salim und Kurio, vielleicht auch in ein paar anderen Städten, aber bestimmt nicht in einem so kleinen Dorf.
Magier waren sehr gefragt und nur reiche Bürger konnten deren Dienste bezahlen und diese wohnten nun mal in Großstädten. Wenn ein Magier reiste, so meist mit vielen Leibwächter und Gefolge. Auch wenn die Entdeckungsgefahr so höher war, entschieden sich die meisten zu dieser Form des Reisens. Schon oft wurden Zauberer entführt und dann für Leistungen missbraucht, die sie freiwillig nie ausgeführt hätten.
Wäre Namin früher wachsamer gewesen, als er als kleiner Junge den Wald durchstreifte, hätte er möglicherweise einen Magier samt Begleiter entdeckt. Da dies jedoch nie geschah, erfuhr Namin erst jetzt über die Existenz von Zauberern. Namin ließ sich nichts davon anmerken, dass er bis dahin noch keine Magier kannte und ließ sich den Zoo genauer zeigen. „Wahrscheinlich hast du vorher noch nie einen Löwen gesehen, doch ich kann dir sagen: so einen Löwen sieht man nicht in freier Wildbahn.“ „Und warum nicht.“
„Das ist etwas kompliziert, doch ich werde versuchen es dir zu erklären. Von jedem Tier gibt es Unterarten, die eine Unterart ist etwas größer als die andere oder umgekehrt. Doch diese Unterarten können sich paaren. In der Südsavanne haben wir ein Königslöwenmännchen panthera leo arctica gefangen und es mit einer Nordlöwin panthera leo savannah gepaart. Die Nordlöwin haben wir bei einer Expedition an den nördlichsten Punkt der Nordsavannen gefangen. Die neue Unterart nennen wir Panthera leo totalus. Das Junge der beiden ist erst sechs Monde alt, doch schon ein bisschen größer als das junge von einem Nordlöwenmännchen und einer Nordlöwen. Verstehst du was ich meine?“ „Ja, so ungefähr…“ „Also weiter: Ähnliche Paarungen haben wir schon mit anderen Tieren versucht. Laut Angaben der Späher reiten Orks auf riesigen Wölfen. Wir vermuten, dass sie auf die gleiche Art wie unser Löwe entstanden sind. Diese Wölfe sind die Urakwölfe, von denen ich dir eben erzählt habe. Leider ist es uns noch nicht gelungen diese Tier zu züchten.“ „Aber wie kommt es zu diesen beachtlichen Größenunterschieden?“ fragte Namin stutzig. „Auch hier helfen unsere Magier nach. Mit einem Zauber ist es ihnen gelungen, das Löwenjunge ein kleines Stück größer zu machen. „Vielleicht hast du ja schon etwas von Ligern gehört“, fing Arithea an und Namins Augen begannen zu leuchten. Liger, das waren seine Lieblingstiere. Wie oft hatte er in seinem Buch Gefährliche Bestien Katamtkas den Text über diese Großkatze gelesen. Er konnte ihn schon fast auswendig, auch wenn er über zehn Seiten lang war.
„Ja, ich habe sogar ein Buch in dem es unter anderem um Liger geht“ sagte Namin stolz. „Dann brauche ich dir ja nichts über sie zu erzählen. Eigentlich ist es erstaunlich, dass sich Löwe und Tiger in freier Wildbahn paaren. Wir haben zwei Exemplare hier. Wir versuchen schon seit Tagen auf ihnen zu reiten. Mit de Pokranamir kennt sich blendend mit Tieren aus. Er schreibt ein Buch über unsere Tiere und ist gerade an dem Kapitel, das sich mit Großkatzen wie Jaguar, Tiger, Löwe und Säbelzahntiger beschäftigt.
Er kann dir sehr viel erzählen. Gleich werden wir ihn ohnehin treffen, da hinten kommt er!“ Pokranamir sah ganz anders aus, als sich Namin gedacht hatte. Namin rechnete mit einem älteren Mann, der ständig redete und mit dem man kein anständiges Gespräch führen konnte, doch Pokranamir schien nicht sehr viel älter als er zu sein, hatte kurzes Blondes Haar und kräftige Arm- und Beinmuskulatur. Er trug eng anliegende Lederkleider und hätte ein freundliches Gesicht. „Hallo Arithea. Wer ist das denn?“ fragte er und zeigte mit einer eleganten Bewegung auf Namin. „Hat dir Veredor nichts von ihm erzählt?“ „Nein, ich habe ihn schon seit mehreren Tagen nicht gesehen.“ „Wahrscheinlich, weil er mir eure Stadt gezeigt hat“ unterbrach Namin die beiden. „Er interessiert sich für die Liger“
„Oh, das ist schön. Weißt du Namin, wir versuchen die Liger als Reittiere zu dressieren. Mit Königslöwen und den anderen Unterarten, wie dem Savannenlöwe klappt das, im Gegensatz zum gemeinen Löwen ganz gut. Letzterer ist leider zu klein zum reiten, da seine Schulterhöhe nicht hoch genug ist. Doch bei unserem neuen Hovajjnaotiger funktioniert das Reiten einfach hervorragend. Wir nennen ihn „Kaiton“. Er ist ein wunderbares Tier. Seit ein paar Monden haben wir ihn von den Tropica-Elfen. Sein Fell hat einen sehr schönen orangefarbenen, fast ins rot gehende Färbung. Seine Streifen sind leicht bläulich und schimmern in der Nacht weiß. Unsere Magier haben ihn gewogen, er wiegt 540 Kilogramm. In den Büchern steht lediglich ein Wer von knapp über 500. Er hat ein sehr schönes Gesicht und eine, für Tiger ungewöhnlich große, weiße Mähne. Ein tolles Tier. Doch nun zu den Ligern. Die Geburt ging reibungslos vonstatten und die Jungtiere sind mittlerweile über ein Jahr alt und sogar ein bisschen größer als ein Kaisertigerjunges. Wir vermuten, dass unsere Königsliger panthera ligora rex, eine Züchtung aus Kaisertiger panthera tigris rex und Königslöwe panthera leo rex noch größer als Kaiton werden und somit die größte Großkatze Karamtkas sind. Laut unseren Büchern gibt es folgende Ligerunterarten: Hovajinaoliger, Königsliger und Nordliger, wobei der Könisgliger der größte ist. Nord- und Hovajinaliger sind in etwa gleich schwer und wiegen vermutlich bis zu 600 Kilogramm. Der Könisgliger wird laut unseren Berechnungen 630 Kilogramm schwer werden. Ich zeige sie dir nun mal…“ Nachdem Pokranamir Namin ausführlich über Großkatzen berichtet und der junge Mensche tausende Fragen gestellt hatte, wandte sich der junge Elf ab, um sich um die anderen Tiere des Zoos zu kümmern. Doch auch für Namin gab es noch viel zu sehen…
„In der ersten Nacht im Hotel hat mir Veredor von seinem Plan erzählt. Ich hoffe dir passiert nichts in Nilphatagora.“ sagte Arithea leicht besorgt.
„Veredor hat den Vorschlag gemacht, ein Begleittier für dich zu suchen. Bei uns ist es Brauch, dass jeder Elf seinen seelischen Begleiter hat. Veredors Begleiter ist ein Hermelin. Wir sind mit diesen Begleitern sehr verbunden. Jeder Elf der zaubern kann, und dass können die meisten, braucht einen Speicherort für Gedanken und Magie. Zwar gibt es Seelenbehälter, doch diese lassen sich leicht zerstören und sind bei weitem nicht so spannend und interessant wie ein Begleittier. Sobald man die Seelenfreundschaft mit ihm eingegangen ist, werden Gedanken und Magie in der Seele des Begleiters gespeichert. Er ist dann ein Teil unseres Seins. Während er am Leben ist, lebt auch sein Gebieter und umgekehrt. Die Bindung ist zwar nicht körperlich, doch wenn sich einer, sei es Gebieter oder Begleiter, verletzt, spürt dies der andere auch ebenso stark. Wahrscheinlich wusstest du es nicht, doch auch ihr Menschen könnt Magier werden, auch wenn es schwerer ist, als für uns. Wenn du willst kann ich dir die Grundkenntnisse der Salaphiramagie beibringen. Mehr schaffen wir in der kurzen Zeit bis zu deiner Reise nicht, wenn überhaupt.
Du würdest deinen Begleiter bekommen, wenn du einwilligst die Magie zu erlernen. Doch bedenke: Es wird nicht leicht sein. Menschen drohen Nebenwirkungen, wenn sie ihren Geist nicht freigeben und nicht konzentriert bei der Sache sind!“ „Auf jeden Fall. Ich will ein Magier werden“ antwortete Namin kühn, der es sich ganz einfach vorstellte. „Bist du sicher? Es wird dein Leben grundlegend verändern. Wahrscheinlich im Guten, doch du musst dich viel deinem Begleittier widmen. Wenn du wirklich sicher bist, sollten wir noch heute anfangen und den Zoo erstmal vergessen. Doch als erstes brauchst du einen Begleiter! Je größer das Tier, desto schwerer wird es zu kontrollieren sein. Bedenke, dass du es wahrscheinlich auf der Reise mitnehmen wirst. Du solltest es also mit dir tragen können. Jeder Junge Magier bekommt in diesem Zoo sein Begleittier. Dafür gibt es das Comitari-Gebäude. Wir nennen die Begleiter Comitari, deshalb der Name.
Arithea führte Namin zu dem Comitari-Gebäude. Es war nicht besonders groß und hatte nur eine Etage. Das Mauerwerk bestand aus weißen Steinen.
„Nun, all die Tiere die du hier siehst sind ein möglicher Comitari. Ich glaube es wäre am besten, wenn ich dir zu jedem etwas sagen würde. Denn es gibt kein perfektes Comitari. Jedes hat Vor- und Nachteile.“ Arithea erzählte Namin von den Eulen, Füchsen, Falken, Adlern, Dachsen, Schlangen, Mardern und vielen anderen Comitari. Arithea selbst hatte eine Schneeeule. Sie riet Namin zu einem Orbisluchs. „Viele der anderen Begleiter wären nicht für dich geeignet gewesen. Später, wenn du möglicherweise besser zaubern kannst, wirst du in der Lage sein zwei Comitari zu halten. Die meisten nehmen einen Vogel und ein Säugetier. Aber bis dahin hast du noch viel Zeit.
Am besten gehen wir jetzt in das Haus unserer Zaubergilde. Dort bekommst du den Luchs und lernst die ersten Grundlagen der Salaphiramagie. Ich hole dich heute Abend im Hotel ab. Den Weg dort hin findest du?“ Namin wollte nun die Geschehnisse der letzten Tage ordnen. So viel wie er in der letzten Zeit erlebt hatte, war sonst in fünf Jahren passiert. Er würde Zaubern lernen!
Und er hatte sich mit Arithea unterhalten. Sie war ihm sehr sympathisch. Auch auf seine erste Zauberstunde freute er sich, genauso viel, wie auf seinen neuen Comitari.
# Kapitel 4: Magie
Das Gebäude der Salaphiramagier bedarf eigentlich keiner Beschreibung, da es von der Bauweise und Architektur so aussieht, als wäre es mit dem gleichen Efeu bewachsen und mit den gleichen Steinen gebaut, wie die Bibliothek. Dennoch betrachtete Namin ehrfürchtig das turmähnliche Bauwerk.
Das ganze Gelände wurde von einer mannshohen Mauer umgrenzt. Der Hof zwischen Mauer und Gebäude sah sehr gepflegt aus, der Weg war ordentlich gepflastert. Durch ein paar Topfblumen und Palmen wurde die Optik noch weiter verstärkt. „Deine erste Aufgabe wird dir vielleicht ungewohnt vorkommen, doch der Sinn wird sich der erst später erschließen.“ „Was genau soll ich tun“ fragte Namin.
„Ab jetzt wirst du ein paar Fragen beantworten und das tun, was dir auf diesem Pergament aufgetragen wird. Hilfe wirst du von mir nicht erhalten. Du bist auf die allein gestellt. Doch keine Sorge, ich und ein paar Magier werden dich beobachten und auf dich aufpassen.“ Das Dokument, das Arithea Namin reichte, hatte mehrere Seiten mit viel Text und Illustrationen. Namin war gespannt was ihn da erwartete.
Besteige den Turm des Salaphiramagierbunds und betrachtete den Horizont. Beschreibe was genau du siehst! Namin nahm die Stufen der Treppe schnell. Doch die Tür, die auf das Turmdach führte war verschlossen. Was sollte er tun? Er hatte eine Idee. Ein paar Stufen unter ihm, war eine Fackel an der Wand befestigt. Er löste sie aus der Halterung und beleuchtete die verschlossene Tür. Pah! Er Recht gehabt. Auf dem Rahmen lag der Schlüssel. Behutsam streckte er sich und nahm den Schlüssel und drehte in langsam ins Schloss. Klack! Die Tür war offen. Auf dem Dach stand ein Stuhl, direkt daneben ein Tisch, auf dem er seine Aufgabenstellung ablegte. Worauf sollte er schreiben? Das Dokument mit den Aufgaben bot bei weitem nicht genügend platz, um die Beschreibung des Horizontes zu markieren. Doch wieder half Namin ein Gedankenblitz aus der Patsche; in der Schublade des Tisches befanden sich mehrere Blätter Pergament, auf die er nun die Antwort notierte. Nachdem er über zwei Seiten geschrieben hatte, hielt er Namin es für richtig, mit der nächsten Aufgabe zu beginnen. Verlasse den Turm ohne die Treppe! Wie sollte er das nur anstellen. Das Gebäude war sicher vierzig Meter hoch und ein Seil oder ähnliches gab es nicht. Vielleicht gab es einen zweiten Ausgang. Er untersuchte den Boden, doch leider erfolglos. Konnte er sich an den Steinen festhalten? Würde er abrutschen, wäre es um ihn geschehen. Es muss einen anderen Weg geben, da war sich Namin sicher. Namin spürte einen Luftzug über sich, gefolgt von einem Schatten. Namin kannte das Tier, das nur ein paar Meter vor ihm landete. Es musste ein Hypogreif oder Kalarianton sein. Immerhin trug es einen Sattel. Er überlegte nicht lange und ging langsam auf das Wesen zu, bedacht darauf, Augenkontakt zu halten, wie es in seinem Büchern geraten wurde. Mit festem Griff nahm er das Geschirr und sprang flink, aber bedächtig in den Sattel, schließlich wollte er sein Reittier nicht unruhig machen. Doch wie brachte man einen Kalarianton zum fliegen. Namin versuchte es mit Rufen, die er sonst bei seinem Pferd Hopakuna einsetzte, doch die Methode funktionierte nicht. Namin dachte nach, was er tun sollte und plötzlich geschah es. Ihm wurde klar warum: Diese Tiere hören schlecht, doch wissen was ihr Reiter will, wenn er genau darüber nachdenkt. Langsam setzte sich der Kalarianton in Bewegung und stieß sich mit einem kräftigen Stoß der stärkeren Hinterbeine vom Boden ab und glitt langsam auf die Mitte des Hofes zu, wo ein Springbrunnen stand. Und genau im Wasser landete er. Namin wurde von den Spritzern nass und sprang so schnell wie möglich aus dem Sattel. Zum Glück war das Pergament noch unversehrt. Die weiteren Aufgaben erforderten keine körperliche „Arbeit“, Namin musste lediglich ein paar Fragen beantworten. Oft wusste er zwar wenig, doch schrieb dennoch etwas auf. Die letzte Aufgabe schien zwar schwierig, erwies sich letztendlich aber als eher leicht. Gehe in das Labyrinth und suche dort dein Comitari. Wähle außerdem fünf magische Gegenstände aus, die dir wichtig und brauchbar erscheinen. Sie werden dir genau sagen, was für ein Magier du bist. Sobald du einen magischen Gegenstand berührt hast, kannst du deine Wahl nicht mehr ändern, wähle also mit Bedacht. Verlasse dann das Labyrinth so, wie du es betreten hast. Das Labyrinth befand sich auf der anderen Seite des Magiergebäudes. Auf seinem Pergament hatte er Wegweiser, der ihn zum Irrgarten führte, jedoch nicht zeigte, wie es in ihm aussah. Die Hecken waren höher als Namin, sodass er keine Chance hatte darüber hinweg zuschauen. Namin hatte sich ein paar Steinchen auf dem Hof geholt, damit er sich den Weg ins Labyrinth merken konnte. Er musste sich beeilen, denn es wurde langsam dunkel. Nachdem er zwei Mal nach recht abgebogen war, erblickte er einen der besagten Magiegegenstände, es war ein goldner Apfel, der glitzerte und eindeutig magisch war. Namin beschloss den Apfel mitzunehmen, wollte aber zuerst noch ein paar andere Gegenstände betrachten und vor allem sein Comitari finden. Schlussendlich entscheid er sich für den Apfel, einen silbernen Dolch, einen rotgolden Rubinanhänger, ein ovalförmiges Fläschchen mit einer roten, leicht zähflüssigen Flüssigkeit und ein wahrlich dickes Buch mit Zaubersprüchen und vielen Hinweisen für angehende junge Zauberer. Doch sein Comitari hatte er noch immer nicht gefunden. Der Apfel besaß eine sehr hohe Leuchtkraft, sodass Namin die Steine auch im Dunkeln immer noch sehen konnte. Plötzlich hörte er ein tierisches Geräusch. Er drehte sich um und blickte in die wachsamen Augen seinen Comitaris. Glücklicherweise hatte Namin seine Gürteltasche dabei, in die er das Fläschchen, und den Dolch legte, nachdem er sich den Anhänger den Anhänger angezogen hatte. Das Buch unter den Arm geklemmt suchte Namin mit Hilfe seines Apfels und dem Luchs den Ausgang des Labyrinths, der ja zugleich auch der Eingang war. Sein Comitari wirkte sehr zutraulich und schmiegte sich stetig an Namins Beine. Scheinbar kannte der Luchs den Ausgang, den auf einmal lief er schneller und zeigte Namin den Weg. Als der angehende Zauberer den Irrgarten hinter sich gelassen hatte begab er sich so schnell wie möglich in den Turm. In der großen Eingangshalle, die von zwei Kaminen ordentlich warm gehalten wurde, warteten Arithea, Veredor, Mandrian und Pokranamir bereits auf ihn. Arithea begann als erste zu sprechen: „Das hast du gut gemacht! Wenn du die Fragen auch nur halbwegs richtig beantwortet hast, kannst du sicher sein, dass du zum Salaphiramagier wirst. Welche Gegenstände hast du dir den ausgewählt? Wenn du willst, sagen wir dir welche Vor- und Nachteile sie haben… Du kannst deinem Comitari ab morgen einen Namen geben. Denk dir ruhig einen aus!“ Namin legte den Apfel, den Dolch, das Buch, den Umhänger und das Fläschchen auf den Tisch, an dem die vier Elfen saßen und nahm sein Comitari auf den Schoß. „Du hast eine gute Wahl getroffen“ sagte Veredor. „Wie du siehst hat der Apfel eine enorme Leuchtkraft, deren Sinn du ja scheinbar verstanden hast“, er grinste, „doch das ist bei weitem nicht alles. Wir nennen solche Früchte Äpfel des Lebens. Ein Biss davon und du fühlst dich wie neugeboren. Doch benutze diese Fähigkeit nur im Notfall. Es bringt schlimme Bauchscherzen mit sein, wenn du zu oft von dem Apfel ist, vor allem dann, wenn es dir nicht wirklich schlecht geht. Du wirst nur ein ganz kleines Stück abbeißen müssen, um dich wieder zu regenerieren. Die Wirkung ist sehr stark. Diese Äpfel wachsen an einem großen, magischen Baum und werden dann mit Süßgold überzogen. Süßgold ist kein echtes Metall. Es wird aus dem Saft des magischen Apfelbaums, den wir Thalabaum nennen, gewonnen. Es hat eine heilende und beruhigende Wirkung.“ „Kann der Apfel einfach so transportiert werden?“ „Natürlich, doch passe gut auf ihn auf! Diese Äpfel sind sehr teuer, denn nur alle fünf Jahre wachsen sie nach. Interessant finde ich übrigens deine Wahl zu dem Rubinamulett. Es bewacht gewissermaßen deine Gedanken und funktioniert so ähnlich wie dein Comitari, der ja auch einen Teil deiner Magie speichert. Doch keine Sorge, dies geschieht von alleine, du brauchst nur ein bisschen Grundmagie, dann werden deine Gedanken auf das Amulett, deine Seele und dein Comitari aufgeteilt und sind jederzeit abrufbar. Das Buch solltest du möglichst immer mit dir tragen. Es wird ein gutes Nachschlagwerk sein und dir in fast jeder Situation helfen. Über das Fläschchen und den Dolch werden wir dir morgen etwas erzählen, es ist schon spät. Morgen wirst du auch erfahren, wie du bei dem Magiertest abgeschnitten hast. Je nach dem wie gut du die Fragen der Prüfung beantwortet hast, wird deine Ausbildung individuell auf dein Wissen und Können angepasst sein. Die meisten Fragen sagen nur etwas über deinen Geist und dein Wollen aus, auch wenn du anfangs wahrscheinlich dachtest, es würde nur um dein Wissen gehen. Habe daher also wenig sorge, was das bestehen des Tests betrifft. Wenn du möchtest kannst du in diesem Gebäude übernachten, falls dir der Weg zum Rathaus zu Weit ist.“ Namin wünschte den Vieren Gute Nacht und begab sich in ein weitaus weniger luxuriöses Bett, als das, was er im Hotel gewohnt war. Mithilfe des Apfels las er noch ein bisschen in seinem Buch, wurde jedoch nicht besonders schlau aus den ganzen Ratschlägen, Formeln und Bezeichnungen, da er ja noch kein Magier war. Dann schlief er ein, neben ihm lag sein Comitari, der immer noch keinen Namen hatte. Namin wunderte sich, dass er ausschlafen durfte und streckte Arme und Beine von sich. Schnell schlüpfte er in seine Kleider. In der Eingangshalle wartete Veredor auf ihn und nach dem Guten Morgen stellte er schon eine Frage: „Solange du hier deine Salaphira-Ausbildung machen wirst, brauchst du anständige Kleider. Wir haben deine Antworten gestern Abend noch bewertet und kommen zu dem Schluss, dass du entweder ein Feuermagier oder ein Waldmagier werden solltest…Doch auch die Wairesh-Klasse würde zu dir passen.“ „Aha“ entgegnete Namin ein bisschen schläfrig. „Wir haben die Magierausbildung in zehn Klassen unterteilt, das heißt, es gibt zehn unterschiedliche Ausbildungen. Von diesen Ausbildungen gibt es jeweils drei Ränge; den Adepten-Rang, den Magister-Rang und den Meister-Rang. Erst wenn du alle drei Ränge bestanden hast, bist du ein Meister. Selbsterklärend wirst du mit der Adeptenausbildung beginnen. Es stellt sich nun die Frage, welche Klasse du wählen willst. Jede Klasse bekommt andere Kleidungen, Zaubersprüche und Reittiere. Ich zähle dir alle Klasen auf und sage dir dann, welche du wählen dürftest. Der Kriegsmagier trägt eine Robe mit Metallrüstung und reitet meist auf einem schnellen Pferd. Er kämpft mit Zauberschwert und erlernt meist nur Kriegszauber. Waldmagier oder Waldläufer wie ich, sind sehr mit der Natur verbunden. Unsere Reittiere sind die majestätischen Waldelche. Man sollte sehr wendig und ausdauernd sein, um diese Klasse zu erlernen. Das genaue Gegenteil der Jagdmagier sind die Kmamnonmagier. Sie gehen meist zu Fuß, haben einen dicken Zauberstab und sind sehr gebildet. Diese Ausbildung dauert am längsten. Mandrian ist ein Kmamnonmagier. Die Flamme in dem Zauberstab ist je nach Rang, Gelb, Hellblau oder Violett. Letztere steht für den Rang des Meisters. Wählst du diese Klasse, wäre dich Mandrian unterrichten und ich würde das gesagte übersetzen. Windmagier ähneln sehr den Waldmagieren. Der größte Unterschied ist jedoch, dass sie sich immer außerhalb des Waldes aufhalten. Sie reiten auf Riesengeparden und sind deshalb so schnell. Diese Ausbildung würde ich dir nicht anraten, da du hierfür den Karuhlwald verlassen müsstest, was etwas dauern würde. Wassermagier können mit Wasser so einiges anstellen. Beliebte Reittiere sind Toxodons. Sie sind etwas größer als ein Waldelch und können überaus gut schwimmen. Doch leider leben sie in wärmeren Regionen und sind für uns deshalb schwer zu bekommen. Viele stellen sich vor die Wahl zwischen Wassermagier oder Feuermagier. Letztere brauchen sehr große Zauberkraft um mit den Flammen umgehen zu können. Pokranamir ist ein Feuermagier und reitet einen Hovajinaotiger, von dem er dir ja schon erzählt hat. Übrigens; Das Reittier erfährt, genau wie ein Comitari, durch den Reiter eine gewisse Magie. Kaiton, Pokranamirs Tiger, kann seine Krallen so sehr erhitzen, dass er damit Savannengras zum brennen bringen und schlimme Wunden verursachen kann. Doch diese Fähigkeiten werden eigentlich nur für gutes Tun verwendet, wie das Erhitzen eines Kessels. Die Imagunamagier sind Meister der Täuschung und Verwirrung. Sie können teilweise Gedanken lesen und sich fast so intelligent wie die Kmamnonmagier. Jeder Spion muss eine Magisterausbildung als Imagunamagier hinter sich haben, um wirkliches Ansehen zu genießen. Beliebte Reittiere sind schnelle Laufvögel wie Straußen und Gastornis. Im Kampf sind Imagunamagier meist unterlegen, sofern sie keine guten Bogenschützen sind. Jeder, der ein Elitekrieger oder Langbogenschütze werden will, entscheidet sich für die Ausbildung als Waireshmagier. Du darfst sie jedoch nicht mit en Kampfmagiern verwechseln. Diese sind eher schwerfällig. Ihre Waffe ist die enorme Zauberkraft. Die Wairesh hingegen, haben keine derartigen magischen Kräfte, sind jedoch körperlich stark und kräftig, doch zugleich auch wendig und flink. Sie kämpfen mit Schwert und Langbogen und verstärken deren Angriffe nur durch die Magie. Diese Ausbildung wählen die meisten. Als Reittier eignet sich ein Godlrückenbison oder Weißpfotenelch ganz gut, manche wählen auch ein Schwarzstreifen-Elasmotherim, ein riesiges Nashorn. Wem diese Tiere zu groß sind, greift zu einem Bangang. Bangangs sind Huftiere, die wie eine Mischung aus Pferd und Widder aussehen. Sie sind meist weiß oder grau und wiegen gut fünfhundert Kilogramm. Natürlich haben sie auch Hörner und sind manchmal gefleckt. Auch sehr beliebt ist die Majoro-Klasse. Der große Vorteil dieser Klasse ist, dass man sich auf nichts spezialisiert und somit von jedem ein bisschen kann. Eigentlich ist fast jedes Reittier geeignet, doch Pferde und Schwarzrückenelche haben sich als gut besonders passend gezeigt. Kommen wir nun zu der letzten Klasse. Weihrunmagier sind eher selten gesehen, da sich vielen der Sinn dieser Klasse nicht erschließt. Viele schreckt die kurze Adeptenausbildung ab, auf die eine schrecklich lange Magister-Ausbildung folgt. Woran das liegt, lässt sich schwer sagen“ erklärte Veredor, der sich während dem Gespräch auf einen Sessel gesessen hatte. „Die Grundzüge des Weihrun- oder Salaphiramagiertums ist schnell gelernt.“ , er machte eine kurze Pause, „ach ja, bevor ich es vergesse und es dich verwundert. Wir sprechen immer von der Salaphira-Ausbildung. Damit ist nicht die Weiruhnklasse gemeint! Salaphira hat diesen Magierturm erbauen lassen und jeder der hier ausgebildet wird, darf sich Salaphira-Magier nennen, ist damit aber noch lange kein Weihrunmagier. Es ist nur so, dass Salaphira anfangs alle selbst ausbildete. Diese Ausbildung beschränkte sich jedoch nur auf die Weiruhnklasse. Im Laufe der Zeit hat sich das ganze vermischt. Deshalb sagen wir zu jedem Magier der hier ausgebildet wurde erstmal Salaphira-Magier, auch wenn er kein Weiruhnmagier ist. Ich hoffe du verstehst was ich meine… Wenn nicht, halte dich einfach an folgende Regel: Jeder Magier der hier ausgebildet wird ist ein Salaphiramagier. Wenn du ihn näher kennen lernst, wird er dir schon sagen, welches Klasse er erlernt hat. Jedoch wird er sicherlich nicht sagen, dass er ein Salaphiramagier ist, wenn es um die genaue Bezeichnung der Klasse geht. Wenn dich das ganze verwirrt, ist es auch nicht schlimm…“ „Ich wäre ja eigentlich für die Windmagierklasse, doch ich glaube, dass die Feuermagierklasse auch zu mir passt, da bin ich mir ganz sicher! Du sprachst eben von anständigen Kleidern…Wie sieht es eigentlich mit der Rüstung aus?“ fragte Namin, den die Aufführung der verschieden Magierklassen brennend interessierte. „Nun ja, eigentlich ist es nicht üblich, das Prinzen oder Könige der Menschen zaubern können. Deshalb wirst du auf dem Weg nach Nilphatagora und auch dort, Kleidung tragen, die für einen Prinzen üblich wäre. Das heißt auch, dass du die Rüstung dir wir der gefertigt haben, nie tragen wirst, sofern du keine Wairesh-Ausbildung machst. Auch wenn du dich jetzt vielleicht von der Feuer- auf die Wairesh-Klasse um entscheiden willst, rate ich dir hiervon strengstens ab. Die erste Wahl deiner Seele ist fast immer die richtige; deshalb beginnt heute Nachmittag die Ausbildung zum Feuermagier im Zoo von Nuskalahar mit Pokranamir. Doch auch auf dem Weg nach Nilphatagora wirst du keine Feuermagier- kleider tragen. Pokranamir wird deine Ausbildung vorbereiten. Heute Nachmittag sollte er alles gerichtet haben.“ Die Ausbildung fand in einem Zimmer des Magierturms statt. „Als erstes, ist es wichtig, überhaupt zu wissen, was Magie eigentlich ist.“ begann Pokranamir. „Am besten, du merkst dir diese Definition: Magie ist ein Strahl gebündelter, geistiger Macht bzw. Willenskraft, ausgehend von einer oder mehreren Personen. Diese Personen müssen ihren Geist vollends auf die Auswirkung ihrer Magie konzentrieren, um diese wirklich auszuüben zu können.
# Kapitel 5: Übung macht den Meister
Namin prägte sich den die Definition ein. Pokranamir erzählte weiter wie die Magie funktionierte und so weiter. Namin hörte interessiert und aufmerksam zu. Er wartete schon gespannt darauf, wann er selber mal Zaubern dürfe. Doch Pokranamir sagte, die Theorie sei am Anfang sehr wichtig. Namin war zwar ein bisschen verärgert, doch als Pokranamir ankündigte, dass je schneller er mitarbeiten werde, desto schneller könne er auch mit der praktischen Ausführung der Magie beginnen.
Namin legte sich an den darauf folgenden Tagen mächtig ins Zeug und las so viel er konnte, auch in den kurzen Pausen. Drei Tage vor der Abreise nach Nilphatagora war es dann endlich so weit. Pokranamir weckte Namin schon in aller Frühe. „Heute ist es soweit“ fing er mit verheißungsvollem Ton an, „du wirst deinen ersten Zauber lernen.“ Namin antwortete, mit deutlich zu hörender Verschlafenheit in der Stimme: „Was werde ich lernen?“. „Du lernst, mit deinem Comitari zu kommunizieren. Das scheint das sinnvollste zu sein, was ich dir in dieser kurzen Zeit beibringen kann. Auch Veredor meint, dass es dir bei deiner Aufgabe am meisten Helfen wird, falls du wider Erwarten in Schwierigkeiten kommst“. Dieses Wider erwarten war zwar eher eine anzunehmende Sache, doch Veredor wollte in keinstem Falle, das Namin das Gefühl bekam, ihm könne etwas passieren.
Namin war plötzlich wach, er freute sich darauf, mit seinem Orbislux zu reden. Mit Chasper, so nannte er ihn seit ein paar Tagen, verstand sich Namin außerordentlich gut. Die beiden schienen sich schon seit Jahren zu kennen und nun würde Namin lernen mit Chasper zu sprechen.
Pokranamir führte ihn die Treppe hinunter und betrat mit Namin das Labyrinth. Pokranamir murmelte ein paar Worte, schon war das Labyrinth verschwunden und einem, von Kieselsteinen bedeckten, Weg geworden. Der Zauberer ging weiter und wies Namin an zu folgen, Chasper auf seiner Schulter sitzend. Das weiche Fell berührte seinen Haut, es war ein angenehmes Gefühl. Vor einem großen Torbogen machte Pokranamir halt. Namin blickte zurück und konnte die Zinnen des Magierturms erkennen. Pokranamir erklärte:“ Hinter diesem Tor steht der Tempel der Feuermagier. Betreten darf ihn nur, wer die Feuermagier-Ausbildung hat, oder gerade dabei ist, eine solche Ausbildung zu tätigen. Betrete diesen Ort mit Bedacht!“ Namin hatte zwar eine Frage auf den Lippen, jedoch wollte er Pokranamir nicht verärgern und entschied sich, die Frage für später aufzuheben. Eine zehnstufige Treppe führte in ein temeplähnliches Bauwerk. „Dieser Tempel ist lange Zeit vor Salaphira erbaut worden. Doch seit dieser Zauberer seine Methode zur Erlernung von Magie entwickelt hat, lernt jeder Zauberlehrling nun nach seiner Lernweise.“
Namin war sichtlich verwundert über dass, was Pokranamir da gesagt hatte. Doch dieser bemerkte es und führte weiter aus: „Das Zaubern können wir Elfen schon sein hunderten von Jahren. Bis zur Zeit von Salaphira war das Erlernen von Magie, jedoch eine furchtbar lange Angelegenheit. Mandrian zum Beispiel ist hundertdrei Jahre alt und konnte erst mit neunzig Jahren so gut Zaubern, wie ich jetzt. Er erlernte das Zaubern noch nach der alten Methode. Erst als Salahpira einen neuen, besseren Weg fand, die Magie zu erlernen begann Mandrian, wirklich gut Zaubern. Es kostete ihn zwar eine zweite, erneute Ausbildung, doch jetzt ist er einen der besten Zauberer in ganz Katamtka. Als er dreiundneunzig Jahre alt war, stellte Salaphira seinen neuen Weg zur Erlernung von Magie auf dem nuskalaharischen Zaubererkongress vor. Elfenmagier aus ganz Katamtka waren bei diesem Kongress anwesend. Einige waren sehr strikt gegen diese Entwicklung. Jeder konnte auf diese Weise an Zauberkräfte gelangen, auch unbegabte konnten schon nach knapp drei Jahren eine Adeptenausbildung beenden. Viele Magier fürchteten sich davor, nichts besonderes mehr zu sein. Letztendlich konnte sich Salaphira durchsetzen und seit diesem ehrwürdigen Tag ist es nun möglich, dass nahezu jeder Zaubern kann. Kurze Zeit später wurden überall Magiergilden errichtet. Die Alcesorelfen standen durch Salaphira im Mittelpunkt des ganzen Elfenvolkes. Wir waren sehr hoch angesehen und überall beliebt. Unser Handel erblühte, da Salaphira hier Produkte entwickelte, die jeder Zauberlehrling in Nilphatagora haben wollte. Doch noch im selben Jahr starb Salaphira bei der Schlacht von Kurio und seitdem geht es mit uns, den Alcesorelfen bergab. Aber das wird dir Veredor ja sicherlich ausführlich erklärt haben.“ beendete Pokranamir seine lange Ausführung.
Namin hatte sehr gespannt zugehört und auch Chasper schien alles mitbekommen zu haben, denn er saß nun neben Namin und hatte seinen Kopf Richtung Pokranamir gereckt und seine bepinselten Ohren ausgestreckt. Namin war so begeistert von der Geschichte der Alcesorelfen, das er seine Magierausbildung vergaß und Pokranamir bat, weiterzuerzählen.
„Nun ja, seit dem es nach Salaphira nun zehn Magierklassen gibt. Wurden die alten Tempel restauriert und so wie dieser eine Klasse zugeordnet. Deshalb ist dieser Tempel so alt, und doch ist er das Zentrum einer gerade einmal zehnjahrealten Magierklasse der Elfen. Auch die anderen Elfenstämme haben ihre Tempel, sie boten früher, und das ist nur zehn Jahre her ein Portal zwischen den großen Elfenstädten. So konnte man in Windeseile von Nuskalahar nach Nilphatagora reisen, ohne einen länger andauernden Ritt zu planen. Doch unglücklicherweise funktionierten diese Portale nur bis zu Pokranamirs Tod. Seitdem sind sie verschlossen.
Wir haben schon oft versucht, die Portale zu öffnen, doch leider ohne jeglichen Erfolg. Doch glücklicherweise sind diese Portale für deine Ausbildung nicht wichtig... Der eigentliche Grund warum wir hier sind ist folgender: Um deine ersten magischen Erfahrungen zu machen, solltest du dich in einer magischen Umgebung aufhalten. Auch wenn der Magierturm zweifelsohne voll von magischer Strahlung ist, eignet sich dieser Ort besser, da die sich hier befindliche Magie ausschließlich Feuermagie ist. Um zum ersten mal deinem Comitari zu kommunizieren ist es von Nöten, dass du keinen anderen magischen Gegenstand bei dir trägst. Dies wird deine erste Kommunikation erleichtern, später aber nicht mehr von Notwendig sein.“
Namin zog seine Rubinkette aus und legte seinen Rucksackt samt Fläschchen und goldenem Apfel auf die Seite. Er konzentrierte sich nur auf sein Comitari bis er plötzlich ein leises Summen wahrnahm, das sich langsam in ein Rauschen verwandelte, er hatte die Augen geschlossen, so dass er nicht sehen konnte, was sein Comitari Chasper tat. Dieser nahm Namin nun auch als Zauberer wahr und seine Pinselohren begannen zu brennen. Hätte Namin nicht gewusst, dass das alles reine Magie war und dass es sich hierbei selbstverständlich nicht um „echtes“ Feuer handelte, so hätte er den Lux warscheinlich ins Wasser geworfen oder dessen Ohren mit Wasser bespritzt um das vermeintlich gefährliche Feuer zu löschen. Doch da er es nicht sah, kam es nicht zu einer solchen Situation. Namin konzentrierte sich weiter auf Chasper und vernahm nun auch dessen Gedanken, auch wenn er sie nicht akustisch wahrnehmen konnte, es fühlte sich so an, als wäre er nicht mehr alleine, als wäre sein Geist geteilt. Er fühlte sich unglaublich erleichtert und befreit. Chasper hatte Namins schlechte Erfahrungen nun in sich gespeichert um Namins Gedanken zu entlasten. Namin spürte, dass er un Chasper nun Eins waren. Er war sehr glücklich darüber, dass alles schon beim ersten Versuch funktioniert hatte Er wurde noch ein gutes Stück glücklicher, als Pokranamir ihm ein Lob aussprach und betonte, dass Namin einer der wenigen gewesen wäre, bei deinen es so gut funktioniert hatte. Voller Eifer fuhr er mit seiner Ausbildung fort und lernte noch am selben Tag, ein einfaches Feuer zu erzünden, selbiges zu löschen, gefrorene Objekte in kürzester Zeit zum erwärmen zu bringen und wie man seinen Körper, auch bei bitterster Kälte warmhalten konnte. Hätte ihm Pokranamir nicht geholfen hätte sich Namin bei der letzten Übung verbrannt, da er sich ja nicht in Kälte befand und die sie umgebende Feuermagie die Wirkung des Zaubers zu sehr verstärkte.
Am Abend war Namin erschöpft, aber glücklich. Pokranamir lobte ihn zwar erneut, doch sagte er im selben Atemzug, das Namin hier unter den besten Bedingungen üben konnte.
So verlief das ganze bis zum Tag der Abreise. Pokranamir warnte Namin, dass dieser in Gegenwart der Gavokelfen auf keinen Fall zaubern dürfe, da sonst seine Tarnung auffliegen könnte!
# Kapitel 6: Die Abreise
Zu Namins größter Zufriedenheit wurde seine, extra für ihn angefertigte, Rüstung mit genommen, für den Fall der Fälle. Auch seine sonstigen Habseligkeiten durfte er mitnehmen, wenn auch nicht tragen. Die Näherinnen hatten im ein edles Prinzengewand gefertigt. Es bestand aus goldener Seide und hatte zwischen zwei Stoffschichten sogar eine hauchdünne Rüstung. Namin bewunderte die sorgfältige und aufwändige Arbeit der Elfen zutiefst. Ab heute hieß er Prinz Namin von Tul'ga.
„Die Stadt Tul'ga gibt es wirklich“ sagte Veredor. Sie ist eine Festungsstadt im mittleren Norden, nur die wenigsten wissen, dass es sie überhaupt gibt. Doch eigentlich ist die Stadt recht groß, den hinter den gigantischen Stadtmauern verbirgt sich ein Ausbildungslager für Soldaten. Eine unserer Spionen berichtet, von riesigen Reittieren, unzähligen Bogenschießanlagen und fast einem Dutzend Schmieden. Er sagt auch, dass der Wald und die Tul'ga-Steppe von vielen Kriegern bewacht wird. Jeder der sich in diese Gegend verirrt und keinen Grund hat, dort zu sein, kommt nicht mehr zurück. Das ist jedoch nur zu unserem Vorteil, denn so können die Gavokaner, so nennen wir die Gavokelfen, nicht überprüfen, ob es dich wirklich gibt.“ Namin nickte zustimmend.
„Ach übrigens. Pokranamir wird auch mitreisen. Kaiton wird mächtig Eindruck schinden. Unsere Näherinnen haben dem Tiger eine prächtiges Aussehen verliehen. Du musst wissen, dass ich Pokranamir sehr vertraue.“ „Kommt Arithea auch mit?“ fragte Namin neugierig.
„Nein, sie muss sich jetzt, wo Pokranamir fort ist, als Leiterin um den Zoo kümmern. Außerdem gehört ihrem Vater ja die Herberge Zum grauen Elch und reisende Elfen mögen hübsche Frauen an der Rezeption“ sagte er mit einem dicken Grinsen im Gesicht, was Namin deutlich missfiel. In zwei Stunden fahren wir los. Du reitest auf deinem Pferd, Pokranamir auf seinem Tiger und ich werde auf meinem Waldelch Zjuijin reiten. Du kennst ihn noch gar nicht, oder?“
Namin verneinte und folgte Veredor ins Rarhaus, wo dieser Zjuijin aus dem Stall nahm. Neben ihm, fand Namin Inak, der Namin scheinbar noch kannte und ihn mit einem Grunzen begrüßte. Namin freute sich darüber, dass der Elch ihn wieder erkannte und wandte sich dann wieder Veredor zu, der Zjuijin aus dem Stall führte. Der Waldlelch bot eine imposante Erscheinung, auch wenn er nicht ganz so groß, wie Inak war. Die großen, warmen Augen betrachteten Namin ruhig und strahlten eine unglaubliche Ruhe aus. Aus einer anderen Ecke des Stalls kam Arithea mit Hopakuna. Sie begrüßte Namin freundlich, was dieser jedoch, aufgrund ihres betörenden Duftes, nicht mitbekam. Es war nicht zu leugnen, dass er sie mehr als mochte. Nach einem kurzen Gespräch, welches eigentlich nur von Veredort und Arithea geführt wurde, verließen der Elf und Namin das Rathaus und begaben sich zum Stadtrand, wo zwei Elitekämpfer, jeweils sitzend auf einem Goldrückenbison, bereits auf sie warteten. Die beiden Langbogenschützen saßen auf langweilig drein blickenden, Bangangs. Die Namin zum ersten Mal sah. Er erinnerte sich an dem Moment, an dem ihn Veredor über die verschiedenen Magierklassen berichtete und dabei auch die Bangangs erwähnte. Sie waren die Reittiere der Krieger, die die Weiresh-Ausbildung beendet hatten. Die Kutsche wurde von zwei Elchen gezogen und war mit reichlich Proviant und natürlich dem Vertrag beladen, der in einer gut geschützen Kiste auf edelstem Pergament aufgesetzt war. Auf der Ruscthe der Kutsche saß der elfische Kutscher, der genüsslich an einer Pfeife zog. Sie würden also zu acht reisen; er, Veredor, Pokranamir, die beiden Elitekämpfer, die beiden Langbogenschützen und der Kutscher. Namin fiel auf, dass er keinen der Begleiter außer Veredor und Pokranamir kannte. Doch er war sich sicher, dass er die fünf anderen Begleiter auf dem Weg auch noch kennen lernen würde. „Wir müssten Nilphatagora in gut vier oder fünf Tagen erreichen. Wir haben schon einen Boten losgeschickt der von der Ankunft von Prinz Namin von Tul'ga berichtet. Hoffen, wir dass er angekommen ist.“ sagte Veredor. Dem Schnauben der Bisons merkte man an, dass er Aufbruch nicht mehr aufgeschoben werden konnte. Namin verabschiedete sich und umarmte Arithea, wobei er sich hierbei besonders fiel Zeit ließ. Insgesamt fiel im der Abschied schon ein bisschen schwer, da er sich schon lange nicht mehr so wohl gefühlt hatte. Immerhin würde er nun ein Abenteuer erleben, dass hatte er sich früher eigentlich schon immer gewünscht.
Das Elchgespann setzte die Kutsche in Bewegung und die Bangangs, Hopakuna, Kaiton, Zjuijin und die beiden Bisons starteten ihre Reise Richtung Nilphatagora.
Da Namin die Landschaft um sich herum noch nie zuvor gesehen hatte, wanderten seine Augen stetig von links nach rechts um so viel wie möglich mitzubekommen. Da sie Richtung Süden ritten, wurde das Klima stetig wärmer, auch wenn es schon in Nuskalahar überaus angenehm gewesen war.